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IEN
te für sie neben demOptischen immer eine große Rolle.
ITALIEN:
Meine Mutter hat unser Wohnzimmer damals mit Zarah Leander-
Postern tapeziert. Die Schrankwand kam deshalb in mein Kinderzimmer. Üb-
rigens, wussten Sie, dass das Premierenpublikum am 7. Februar nur zu 12,8%
aus Müttern bestehen wird?
Enger:
Und zu wie viel Prozent aus Schrankwänden?
ITALIEN:
Die Schrankwände müssen wohl leider an der Garderobe abgege-
ben werden. Es sollen für diesen Abend allerdings 100% Stühle ihr Erscheinen
angekündigt haben.
Enger:
Kommt Zarah Leander auch?
ITALIEN:
Sie wird in einer Schachtel am Bühnenrand liegen.
Enger:
Das hat Mutter auch immer gern getan.
ITALIEN:
Alte Schachteln machen das scheinbar gerne. Mal was anderes, Herr
Enger, die instrumentalen Partien beim „Universums-Stulp“ werden durch das
herausragende Solistenensemble musikFabrik dargeboten, welche nicht nur
exzellente Spezialisten auf konventionellen Instrumenten sind, sondern auch
mit einzigartigen Sonderinstrumenten zu hören sein werden. Was erwartet
uns da, blasen die auch auf einem Kamm?
Egner:
„Anscheinend gerne“ muss es, mit Verlaub, heißen.
Ob beim „Universums-Stulp“ auch Sonderinstrumente zum Einsatz kommen,
weiß ich nicht. Dazu wäre eine Sondererlaubnis vom Magistrat nötig, und ob
für dergleichen Extravaganzen angesichts der Finanzlage unserer Stadt Geld
vorhanden ist, wage ich stark zu bezweifeln. Im übrigen stimmt der Satz „Die
instrumentalen Partien werden durch das herausragende Solistenensemble
musikFabrik dargeboten, welche nicht nur exzellente Spezialisten auf kon-
ventionellen Instrumenten sind, sondern auch mit einzigartigen Sonderinst-
rumenten zu hören sein werden.“ nicht. Verkürzt steht da also: Das herausra-
gende Solistenensemble musikFabrik SIND exzellente Spezialisten etc. - das
klingt fernsehtauglich.
ITALIEN:
Ja, wenn man sich sicher ist, dass alte Schachteln so etwas gerne
machen, dann schreibt man „anscheinend“. Ich bin mir da aber gar nicht so
sicher. Aus diesemGrund benutzte ich die hierfür vorgesehene Formulierung
„scheinbar“.
Der Satz „Die instrumentalen Partien werden durch das herausragende So-
listenensemble musikFabrik dargeboten, welche nicht nur exzellente Spe-
zialisten auf konventionellen Instrumenten sind, sondern auch mit einzig-
artigen Sonderinstrumenten zu hören sein werden.“ steht aber genau so im
Programmtext der Wuppertaler Bühnen. Allerdings klingt ihre Formulierung
wirklich fernsehtauglicher. Gibt es denn auch ein Aufzeichnung der Oper, die
später als DVD erscheint? Viele ihrer Fans wohnen ja am Arsch der Welt und
sind aus finanziellen Gründen nicht in der Lage, nach Wuppertal zu reisen. Sie
müssen darauf jetzt nicht antworten, Herr Egner, nicht nur, weil der Rotwein
am Ende ist. Wir sehen uns bei der Premiere. Ich wünsche Ihnen Hals- und
Beinbruch! Soll ich Sie noch zur Tür bringen?
Enger:
Wie: Rotwein am Ende?
ITALIEN:
Die Flaschen sind anscheinend alle leer.
Enger:
Scheinbar wäre mir lieber.
(Interview Teil 3 lesen sie in der März-Ausgabe von ITALIEN)
„Der Universums-Stulp“ im Opernhaus
Am 7. Februar 2014 feiert Stephan Winklers „Der Universums-Stulp“ (eine
musikalische Bildgeschichte in drei Heften nach dem gleichnamigen Ro-
man von Eugen Enger) Premiere im Wuppertaler Opernhaus (weitere Ter-
mine 9.2./13.2./15.2./7.3/30.3.).
Chefredakteur Uwe Becker sprach ziemlich lange, fast 90 Tage nonstop,
mit dem Maler, Zeichner und Romanautor Eugen Enger. Hier lesen sie den
zweiten Teil des Interviews (Brille aufsetzen):
ITALIEN:
Lieber Herr Enger, die Premiere ihrer Oper scheint ausverkauft zu
sein. Für die anderen fünf Vorstellungen gibt es aber noch Restkarten. Hätten
Sie noch ein paar hieb- und stichfeste Argumente, um die noch unerschlos-
senen Leser und Lesebrillen vom Kauf einer dieser teuren Eintrittskarten zu
überzeugen?
Enger:
Unerschlossen oder unentschlossen?
ITALIEN:
Das habe ich aber nicht gefragt. Aber gut, wir nehmen „unent-
schlossen“.
Enger:
Wer stellt hier eigentlich die Fragen?
ITALIEN:
Ich doch!
Enger:
Antworten ist ja auch viel schöner.
ITALIEN:
Finden Sie? Ich mag Fragen stellen.
Enger:
Stellen Sie mal eine.
ITALIEN:
Haben Sie denn meine erste Frage schon beantwortet?
(Pause)
ITALIEN:
So, die Mittagspause ist nun vorbei. Was gab es denn, Fleisch mit
Soße?
Egner:
Gute Frage! KeinWunder, dass Sie gern Fragen stellen. Meine Antwort lau-
tet: Nein, nicht Fleisch mit Soße. Es war keine Mittagspause, sondern eine Nach-
denkpause. Ich habe über Ihre erste Frage nachgedacht, die ich jetzt beantworten
will. Das Hauptargument für den Besuch der 15 weiteren Opernaufführungen ist,
dass Mutter es so gewollt hätte.
ITALIEN:
Es sind aber nur 5 weitere Opernaufführungen, da muss ich Sie lei-
der korrigieren. Sie erwähnen sehr oft Ihre Mutter. Welche Rolle spielte Ihre
Mutter in Ihrem Leben? Da war doch mehr, als nur morgens Brote schmieren.
Hat Ihre Mutter sie unterstützt?
Enger:
Es geht dabei nicht ummeine Mutter oder umdie von RME Streuf, sondern
ich berufe mich einfach auf eine höchste Autorität, um alle meine Kritiker mund-
tot zu machen und zu kriminalisieren. Ähnlich wie es die Religionsleute machen,
aber meine Formulierung klingt einfach feiner als die Behauptung, Gott oder der
Führer hätte es so gewollt.
ITALIEN:
Da ist was dran. Ich erinnere mich, dass der führer selbst einmal vor
vielen Jahren eine Ausstellung mit entarteter Kunst eröffnet hat. Er hätte be-
stimmt den Besuch Ihrer Oper mit Nachdruck befohlen.
Enger:
Er war ja ein großer Opernfreund. Mutter nicht so sehr.
ITALIEN:
Was hörte denn Mutter gerne? Ihr Geschrei, wenn es mal wieder
was hinter die Löffel gab?
Egner:
Also, meine Mutter mochte den Klang frisch gemähten Heidekrauts am
Pfingstmontag. Oder das Ablesen der Stromzähler imWinter. Der Zeitpunkt spiel-