OnlineItalien 04.2023

6 ITALIEN A l a a f ! D e Z o c h k ü t t ! Obwohl man sich eigentlich gut vorstellen kann, dass auch die ollen Saurier so manchen ordentlichen Terz veranstaltet haben, hat die moderne Wissenschaft die ersten Karnevalsvorläufer vor rund 5.000 Jahren im damaligen Mesopotamien verortet. Und den alten Römern werden in dieser Angelegenheit bereits Umzüge und große öffentliche Gelage nachgesagt. Und die sind beim Fastelovend im heutigen Rheinland ja nun wahrlich nicht unbekannt. In Berlin hingegen sind die tollen Tage kein Ereignis von öffentlicher Bedeutung. Zumindest war das bis zum diesjährigen kalendarischen Rosenmontag so. Klingelingeling-Klingelingeling bimmelt in der ITALIEN-Hauptstadtredaktion der Fernsprechapparat. „Würdest Du einen Sekt mit mir trinken?“, fragt eine wohlvertraute Stimme. Wenn es nicht unbedingt Sekt sein muss, kann Mann eine so nett vorgebrachte Frage natürlich nicht abschlägig bescheiden. Also macht sich der Korrespondent auf zum, neben der Redaktion gelegenen, Zapfhahn. Ebenso wie im Glasbierfachgeschäft ist auch hier eine explizite Bestellung nicht nötig – prompt steht der Gerstensaft vor ihm. Es hätte also ein gemütlicher Nachmittag werden können – wenn, ja wenn, ein Blick aus dem Fenster nicht plötzlich drohendes Unheil verkünden würde. Offenbar haben die umliegenden Kitas wohl Feierabend gemacht, denn von allen Seiten strebt ein Rosenmontagsumzug kleiner Katzen, Leoparden, Ritter, Cowboys und Indianer auf das Lokal zu; flankiert von bunt bemalten Mamas. Wolle ma se rinlosse? Zu spät, da fliegt die Türe auch schon auf und kreischend stürmen die bunten Nachwuchskarnevalist*innen den Eisstand. Einer ihrer Väter behält die Nerven und zeigt, mit stummem Blick auf die versteinert wirkenden, übrigen Vaterschaften auf der hinteren Bank, Realitätssinn: „Mach uns doch mal ´ne Runde Schnaps, damit wir auch in Stimmung kommen“, bescheidet er einen der Köbesse. Ach herrje, auch der hat sich ja unterdessen bayerisch kostümiert! Austrinken und schnell raus hier. Drei Tage später: Kaum hat der Hauptstadtkorrespondent von ITALIEN, dem bekloppten Klamaukblättken, im Glasbierfachgeschäft seinen Platz eingenommen, steht auch schon der Rockgitarrist Heiko („Highko“) S. vor ihm und teilt mit, er hätte ihm jetzt ja gern ein Wicküler auf den Tisch gestellt, aber die gebe es hier ja nicht. Wie kommt er jetzt darauf, was ist los? Er habe eine Freundin zu einem Rockkonzert in Wuppertal begleitet, erklärt „Highko“, und sei dabei auch an der Wicküler-Brauerei vorbeigefahren. „Wenn ich Deine eMail-Adresse gekannt hätte, hätte ich Dir auch ein Foto geschickt“. Das gemeinsame wickülern wird auf besseres Wetter verschoben. Udo K. sucht unterdessen auf seinem smarten Phone bereits nach der Schwebebahn und dem daraus gestürzten Tuffi und gibt sein neues Wissen umgehend weiter. Ach herrje, Aschermittwoch ist doch vorbei. Denkste Puppe! Eine muntere Damentruppe in Feierlaune betritt den Raum. „Wir erhöhen hier jetzt mal die Frauenquote“, verkündet die Anführerin lautstark, bevor die erste Runde bestellt wird. Innerhalb kurzer Zeit folgen dieser dann die zweite, eine dritte und ….. Zwar krakeelen die Mädchens hier nicht nach Eis, aber gut laut können sie auch. Na, in der ersten Destille haben sie die Frauenquote offenkundig jetzt nicht erhöht und wollen nun ihren Pendelgang beschleunigen. Da soll nochmal jemand sagen, die Berliner könnten keinen Karneval.

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