OnlineItalien 12.2022

ITALIEN 15 D I E P H Ä N O M E N E D E S D R . D U D R O P Buch Jule Falk Andreas Funke, Gedichte Juliane Steinbach, Holzschnitte Laubsägefisch/ Maritime Seelen Selbstverlag Format 24 x 31 cm 40 Seiten 45 Euro Auflage 200 ISBN 978-3-9824801-0-7 steinbach@kuester-steinbach.de Jorgo Schäfer Watching With My Ears 20 Years Vision Festival, NY (ein Bilder-Lesebuch) Format 24 x 29 cm 60 Seiten 39 Euro Auflage 150 ISBN 978-3-9824801-1-4 jorgo@jorgo-art.de Jorgo Schäfer Watching with my Ears 20 Years Vision Festival New York Jorgo Schäfer Watching with my Ears 20 Years Vision Festival New York N E U ! N E U ! Der Mon-Tag ist ein Mond-Tag. Er ist der Tag des Mondes. Und, das sieht man ihm nicht an, er ist nach einer Göttin benannt, der Mond-Göttin. Das haben die alten Römer so verfügt. Der Montag liegt zwischen Sonntag und Dienstag. Am Montag hat man den Tag der Sonne hinter sich und den Tag des Dienstes vor sich. Das macht schlechte Laune. Alle wissen es, aber nur die Friseure haben Konsequenzen daraus gezogen und machen blau. Und das ist gut so. Was dabei herauskommt, wenn Friseure auch am Montag arbeiten, das sieht man an Kim Yong Un. Im Sozialismus koreanischer Prägung gibt es keinen blauen Montag, da müssen auch die Barbiere ran. Der nämliche Wochentag heißt dort Wolyoil (월요일), zu deutsch Mond-Wochentag. Wolyoil, das umschreibt lautmalerisch zugleich die Haartracht des koreanischen Alleinherrschers. Etwas unprosaisch nennt sie sich bei seinen hiesigen Followern „Seiten auf Null“. Man könnte es auch Montags-Schnitt nennen, doch die beste Lösung wäre, die Friseure behielten den Montag als arbeitsfreien Tag bei. Dann könnten sie sich am Dienstag in aller Ruhe wieder einem ordentlichen Façon-Schnitt widmen. Herzog Georg der Bärtige (!) von Sachsen (!) war da weiter. Er rief schon 1520 den „Blauen Montag“ ins Leben. Das bedeutete, dass am Montag kein Handwerker tätig sein sollte. Doch nur die Friseure waren einsichtig und behielten diese Regelung konsequent bei. Nachdem nun das Christentum den ersten Tag der Woche auf den Sonntag gelegt hatte und die Woche mit einem Ruhetag beginnen ließ, war der Choc am Montag umso größer. Es fängt ja schon sonntagsabends an. Schwarzgalligkeit umweht die Seelen, die Menschen sind wie elektrisiert und von Grausen ergriffen. Die Talkmasterin Anne Will lässt ihre schlechte Laune an ihren Gästen aus, und schon der Gedanke an den Chef lässt viele Lohnanhängige die Nacht in Schlaflosigkeit verbringen. Der Chef aber kriegt Pickel, wenn er daran denkt, wie seine Mitarbeiter die einfachsten Arbeitsabläufe torpedieren. Frühmorgens geht es weiter, bleierne Schwere legt sich über die Glieder. Man kommt nicht in die Gänge, und trübe Gedanken legen sich auf ’s Gemüt. Doch anstatt „blau“ zu machen, gehen die Menschen mit verdrängter Wut im Bauch zur Arbeit. Dort bauen sie dann Montagsautos. Und widerrechtlich tätige Friseure machen Wolyoil-Frisuren und schneiden die Seiten des Haarschopfs auf Null. So quält man sich durch den Tag, immer in der Hoffnung, irgendwo ein freundliches Lächeln zu erhaschen oder seine Unzufriedenheit versuchsweise durch den Besuch eines der geöffneten Friseursalons zu überwinden. Das jedoch geht gründlich in die Hose, und ein neuerlicher Schub von Trübsinn und schlechter Laune bedrängt Herz und Hirn. Man stellt fest, „Seiten auf Null“, das sieht beim indogermanisch/mitteleuropäischen Phänotyp einfach beschissen aus. Dann geht es weiter mit dem Studium der Sonderangebotsprospekte von Lidl, Edeka und Rewe, Frustkäufe folgen, und später muss der ganze Unmut auf einer Montagsdemo raus: der Montag ist der Tag des Konsum- und Protestwillens. Abschlussveranstaltung dann bei „Hart aber Fair“. Viel zu selten fällt ein Feiertag auf einen Montag: gerade einmal zu Ostern, Pfingsten und Karneval. Manchmal auch Weihnachten. Das Erstaunliche: der Dienstag nach solchen Montags-Feiertagen ist gar nicht so schlimm. Es ist die schiere Montaghaftigkeit, die den Montag zum Schrecken aller Wochentage macht und die Weitsichtigkeit Georg des Bärtigen bestätigt. Sie ist ein klares Argument für einen generellen Blauen Montag und überhaupt die Viertage-Woche. Der Mond-Tag ist einer wahrhaftigen Göttin geweiht, Luna, und ihr sollte in Form eines arbeitsfreien Tag gehuldigt werden. Stattdessen erhalten Katzen und Hunde ihren Namen. Montag, das ist der reinste Wahnsinn, weshalb der Engländer auch von lunatic spricht, was so viel wie „montaghaftig“ heißt oder schlicht „Verrücktheit“. Und hier schließt sich der Kreis zum Wolyoil und seinem berühmten Bannerträger in Nord-Korea. Heinrich wiederum, Betreiber des Salon Capilli, Manteuffelstr. 2 in Vohwinkel, Gewährsmann für guten Geschmack und Wuppertals erste Adresse für eleganten Haarschnitt, hält sich konsequent an jene von Georg dem Bärtigen begründete und jahrhundertealte Tradition: Montags geschlossen. H e u t e : Z u r P h ä n o m e n o l o g i e d e s M o n t a g s

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