OnlineItalien 11.2023

6 ITALIEN RTO is DOA: New York City rutscht in eine ökonomische Krise Samstags gehört Vati mir, so oder so ähnlich kämpfte vor mehr als 50 Jahren die IG Metall und andere Mitglieder des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) erfolgreich für die Einführung der 40-Stunden-Woche als Regelarbeitszeit und zwar an fünf Tagen die Woche, montags bis freitags; samstags wurde Familientag, wenngleich wohl die allermeisten Vatis ihren Hobbys frönten, Autoputzen und Fußballhören und so. Mit der CovidPandemie änderte sich dann im März 2020 die Arbeitswelt noch einmal gewaltig. Jeder oder jede, die nicht tatsächlich irgendwo Hand anlegen muss, sondern das Handanlegen von Büroschreibtischen aus organisiert und überwacht, machte Bekanntschaft mit Zoom, der sich in rasender Geschwindigkeit verbreitenden VideoPlattform für sog. Meetings, diesem aufgeregten Gegacker, das das Eierlegen wohl notwendigerweise begleitet. Anders als bei den Meetings in Präsenz kann man bei Zoom weitgehend unbemerkt schlafen. Man muss sich nur ein wenig in die Settings einfuchsen und verstehen, wie man ein vollständiges Bild mit wachen Augen, interessiertem Nicken und professionell ausschauendem Hintergrund in die Runde projiziert. Die Tagesordnung sollte man vielleicht auch kennen, falls man zu einem Thema aufgerufen werden könnte. Aufgerufen sind mittlerweile die allermeisten ehemals in New Yorker Büros arbeitenden Menschen, die sich mit Beginn der Pandemie an deutlich entspanntere Orte zurückgezogen hatten und die geldwerten Gegenleistungen für ihre Gehaltsschecks zwischen Tennis und Strandspaziergang per Zoom ablieferten. Der Aufruf hört auf den schönen Namen „Return to Office“ (RTO) und ist selbst bei der Firma Zoom zum wiederholten und immer lauter werdenden Male ertönt. Die riesigen leerstehenden Büroflächen in New York City kosten ein Schweinegeld, die Zoombies sind lange nicht so produktiv, wie sie es zu sein vorgeben und abseits der Produktivitätsverluste einzelner Firmen leidet die ganze Stadt an den Nachwirkungen von Covid19: Der gesamte Rattenschwanz der Büroarbeit, also die Mittagessen, Happy Hours, Taxifahrten, Quickies im Stundenhotel, Kopierarbeiten (ja, es gibt sie noch) und kollegialen Momente über einem Half-Caf Soy Vanilla Latte Macchiato von Starbucks, sie fallen alle weg – und damit die ganzen damit verbundenen Steuereinnahmen. Das führt dann wieder zu Schließungen von Restaurants, Puffs und Starbucks-Filialen und nach zweieinhalb Jahren sieht die Stadt dann aus wie Oberhausen nach der Stilllegung der letzten Zechen. Na ja, nicht ganz so schlimm, es gibt ja noch 60 Mio. Touristen pro Jahr. Die halten wenigstens einen Teil der Stadt am Brummen, doch stoßen Times Square, das Metropolitan Museum und der Central Park auch an Kapazitätsgrenzen. Mit Schmackes wollen nun Unternehmen und Stadtverwaltung die vielen Zoombies wieder in die Stadt holen, wenigstens drei- bis viermal die Woche, RTO eben. Im Moment ist der Arbeitsmarkt allerdings noch sehr arbeitnehmerfreundlich und entsprechend werden Arbeitgebervorschläge zu mehr Anwesenheit in den Büros mit drei Buchstaben gekontert: DOA. DOA steht für „dead on arrival“ und meint in etwa „no chance“ oder „du kannst mich mal gernhaben oder mir den Buckel runterrutschen“. Ja, es gab kurz nach dem Ende der Pandemie eine kurze Zeit, in der Zoombies wieder an die zweifelsohne ergonomisch vorteilhafteren Büroschreibtische zurückkehren wollten, aber eben nicht ständig. Laut Umfragen würden Angestellte gerne auf 8% Lohnerhöhung verzichten, wenn sie zum Teil aus dem Home Office arbeiten können und sich nicht an fünf Tagen mit den Mühen und Kosten des Pendelns herumschlagen müssen. Offensichtlich leiden Arbeitnehmer mehr unter dem Weg zur Arbeit als unter der Arbeit selber. Freitags, samstags, sonntags (sowieso) und auch montags gehören Mutti und Vati mir. Wer hätte gedacht, dass der DGB mit seinen Forderungen so erfolgreich sein würde wie zuletzt die Herrenmannschaft des DFB?

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