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TAL
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Verdammt nah an der Gastronomie.
Wir sind bei Facebook: Gefällt mir!
Ab 1.1.2014 unter neuer Leitung:
Gabriele, Karen und Shoam
(Danke Katzengold,
Frauenquote zu 66,666666 % erfüllt!
Ursula von der Leyen)
K l a v i e r k o n z e r t b e i K l i n g e n b e r g e r
v o n E u g e n E g n e r
Kommissar Kleb, mit dem ich am Morgen wegen der vom Zug
enthaupteten Männerleiche zu tun gehabt hatte, rief mich im Hotel an,
kaum, daß ich die Toilette aufgesucht und mir die Hände gewaschen
hatte. „Kommen Sie heute abend zu Klingenberger?“ fragte er. „Der
Vortrag über die Blockbramme fällt aus, stattdessen gibt es ein Klavier-
konzert mit der Tochter des Blockstellenwärters. Ich dachte, wo Sie hier
doch völlig fremd sind...“
Das war wirklich freundlich von ihm. Ich hatte mir schon
Gedanken gemacht, wie ich den Abend verbringen sollte, und das
Schlimmste befürchtet. Klebs Anruf war meine Rettung. Ein Klavier-
konzert, das war freilich etwas anderes als in meinem öden Hotelzim-
mer zu sitzen, meinen Bericht zu schreiben und mich allmählich in den
Schlaf zu trinken, während sich draußen die Revierkater anschrien.
Freudig nahm ich das Angebot an. Das Konzertcafé Klingenberger
kannte ich, vom Bahnhofshotel war man zu Fuß in sieben Minuten dort.
Bis jetzt war das Gespräch ganz vernünftig verlaufen, ich hatte mich
schon darüber gefreut, doch zuguterletzt stellte mir mein Dämon wie-
der ein Bein, so daß ich, anstatt mich zu verabschieden und aufzulegen,
etwas vollkommen Unangebrachtes und Überf lüssiges, ja schlichtweg
Idiotisches daherredete: „Und ein Klavier wird da sein? Oder soll ich
eins mitbringen?“
Kaum war mir dieser deprimierende Blödsinn entfahren,
verspürte ich den altbekannten Wunsch, augenblicklich meine eigene
Existenz auszulöschen und zwar rückwirkend bis zum Moment meiner
Zeugung. Ich war ein hoffnungsloser Fall, niemand wußte das besser
als ich. Nun hatte ich mich vor Kleb komplett blamiert, am besten fuhr
ich mit dem nächsten Zug zurück nach Hause. „Sehr freundlich“, hörte
ich da jedoch meinen Gesprächspartner ganz ernst antworten, „das ist
nicht nötig, ich werde meins mitbringen.“
Abermals war ich gerettet. Wir verabredeten uns für neun-
zehn Uhr dreißig bei Klingenberger. „Bis nachher.“ - „Ja. Nochmals vie-
len Dank.“ Da klopfte es an die Zimmertür. Die Empfangsdame hatte
eine Nachricht für mich: „Frau Krüger lädt Sie für heute um zwanzig
Uhr ein. Alle Achtung! Gleich am ersten Abend! Da gehen Sie natürlich
hin.“ Frau Krüger war diejenige, um derentwillen die Männer sich vor
den Zug warfen. Von ihr eingeladen zu werden, bedeutete eine große
Ehre, aber ich war doch schon verabredet. „Eigentlich will ich zum Kla-
vierkonzert bei Klingenberger“, brachte ich vor. „Ach, scheiß drauf!“
entgegnete die Empfangsdame. „Gehen Sie duschen und sich umzie-
hen!“ Sie bestellte mir ein Taxi, und um Punkt zwanzig Uhr klingelte
ich an der Haustür von Frau Krügers Bungalow. Eine gut erhaltene, ele-
gante Frau von Mitte Vierzig öffnete. Als sie mich sah, erschrak sie und
rief: „Endlich begegne ich Ihnen wirklich! Ich kenne Sie aus meinen
Träumen, wir haben ein Kind miteinander!“
Schon lief sie, um es zu holen. Nach ein paar Minuten kam sie
schwer atmend zurück, an ihrer Hand ein widerspenstiges Kind. „Hier,
bitte“, sagte sie. Es sah mir in der Tat ähnlich.
ernst kahl
b i l D e r , D i e W i r n i c h t v e r s t e h e n ( t e i l 5 )