OnlineItalien 05.2023

ITALIEN 15 D I E P H Ä N O M E N E D E S D R . D U D R O P Buch Jule Falk Andreas Funke, Gedichte Juliane Steinbach, Holzschnitte Laubsägefisch/ Maritime Seelen Selbstverlag Format 24 x 31 cm 40 Seiten 45 Euro Auflage 200 ISBN 978-3-9824801-0-7 steinbach@kuester-steinbach.de H e u t e : Z u r P h ä n o m e n o l o g i e d e s G e n i t i v N E U ! N E U ! GENI TIV Der Genitiv - man sieht ihn nicht, man riecht ihn nicht und man kann ihn auch nicht anfassen. Der Genitiv ist ein Geschehnis, das man nur leiblich vernehmen kann. Er ist ein Fall, und zwar der Zweite. Er ist nicht der dritte oder der vierte, und schon gar nicht der fünfte oder sechste Fall, nein, er ist und bleibt der zweite Fall. Als solcher folgte er gleich auf den ersten Fall. Und an dieser Stelle hat er sich seit Jahrhunderten festgesetzt. Solchermaßen verankert wurde er den Zöglingen auf Schulen, Hochschulen und Universitäten gnadenlos eingebläut. Doch die Wahrheit ist, er wird nicht geliebt und häufig durch den Dativ ersetzt: „dem Vater sein Hut“ läuft zunehmend besser als „Vaters Hut“. Als zweitrangige Kreatur wirkt der Genitiv minderwertig, nebensächlich und unerheblich. Der Dativ als dritter Fall weiß das ganz genau. Er versucht dem Genitiv den Rang abzulaufen. Der vierte Fall steht darüber und macht mit dem ersten Fall gemeinsame Sache. Unter den Fällen herrscht ein unschöner Wettkampf. Allein, was ist das, ein „Fall“? Dem Personal kriminologischer Universitätsinstitute, juristischer Fachhochschulen, medizinischer Fakultäten oder auch schon einfacher Polizeiwachen bedeutet ein Fall etwas ganz anderes als einer Physikerin, einem Börsenspekulanten oder einem Geologen. Und die Fälle, nach denen die Regeln der Sprache funktionieren, bilden insgesamt noch einmal einen weiteren Fall - den Fall der Deklination. Von UnFällen, Ab-Fällen und Streit-Fällen soll hier nicht die Rede sein. In anderen Sprachen, so hört man, gibt es sogar 12 Fälle (Finnisch) oder 25 Fälle (Ungarisch), in wiederum anderen Kommunikationssystemen gibt es überhaupt keine (Thai, Japanisch, Malaiisch). Braucht man überhaupt Fälle ? Und wenn ja, wozu? Und was sind nun die Sachverhalte, die die Fälle eins bis vier bei uns bestimmen? Offensichtlich können wir, die Kulturmenschen zentraleuropäischer Gefilde, durch die Verwendung von Fällen wissen, in welchem Verhältnis das Hauptwort in einem Satz zu den anderen Wörtern steht. Andererseits aber scheint das nicht überlebensnotwendig zu sein. Denn die Japaner, Thailänder und Indonesier kochen auch ohne Fälle supergut, z.B. Rendang daging oder Thom kha gai, bauen Häuser ohne Fälle und führen sogar Kriege ohne Fälle. Der Genitiv ist, unseren tapferen Lehrkräften zufolge, die Antwort auf die Frage „wes“. Er regelt die Besitzverhältnisse im Satz. Jedoch: das kann auch der „wem“-Fall. Mit „Wem seins“ hat sich ja eine praktikable Alternative durchgesetzt: Der „WemFall“ ist dem „Wes-Fall“ sein Tod, so wird gemunkelt. Ist der Genitiv tatsächlich unnötig? Ist der statistisch zu verzeichnende Rückgang des Genitivs (oder: vom Genitiv) ein Vorbote der Apokalypse? Das Armageddon sprachlichen Vermögens? Werden wir ohne Genitiv schlussendlich gar nicht mehr wissen, in welcher Bedeutung die Satzbestandteile zueinander stehen? Wird der Sinn eines Satzes purem Unsinn weichen und wird die Verbreitung des Un-Sinns noch weiter zunehmen als das ohnehin der Fall (!) ist? Ist es nicht eigentlich die FDP und ihre Bildungs-Ministerin Frau Stark-Watzinger, die ihn unter den Vorwand von Freiheitlichkeit abschaffen wollen? Nein, der Genitiv muss entschieden verteidigt und gerettet werden! Er ist nix Materielles und kostet keine Bohne. Er existiert nur als leibliches Mysterium und als Idee. Aber: es ist immer schwierig, Ideen zu retten. Die Asiaten haben die Idee vom Genitiv, quasi die Genitividee, aufgegeben. Die sagen einfach „der treue Hundeblick“ und nicht umständlich „der treue Blick des Hundes“. Ex-Kanzler Helmut Kohl ging, wie immer, konstruktiv mit dieser Herausforderung um: „Die Schwierigkeit ist das Problem“, sagte er. Da zeigte sich, was passiert, wenn man den Genitiv weglässt. Als Kohl den Genitiv dann doch wieder einführte, wurde er umso unterhaltsamer. Damals soll er es so formuliert haben: „Das Problem der Tretminen lässt sich nur Schritt für Schritt lösen.“ Also, liebe pädagogische Einpeitscher von der ELSE: es gibt ausgezeichnete Argumente für die Beibehaltung des Genitivs, das solltet ihr euch in der Else-Lasker-Schüler-Str. 30 einprägen, droben in 42109 Wuppertal. Stabiles Jorgo-Schäfer-Bett mit Matratze abzugeben! Bett Länge 205 cm, Bett Breite 90 cm Matratze Länge 200 cm x Breite 90 cm x Stärke 20 cm Euro 75,00 (Handsigniert), 0160 1571637, jorgo@jorgo-art.de

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