OnlineItalien 06.2023

ITALIEN 9 FUNDSTÜCK AUS DEM STANDESAMT HANNOVER We Are Not in Kansas Anymore: Astronomische Mietpreise und Lösungsversuche Als Dorothy und Toto nach dem Tornado wieder zu sich kommen, finden sie sich jenseits des Regenbogens wieder und Dorothy erkennt schnell: „We are not in Kansas anymore“. Damit sie wieder nach Hause kommen kann, sitzt das Publikum durch eine längere Geschichte mit Vogelscheuche, Blechdosenmensch, einem ängstlichen Löwen, einer guten und einer bösen Hexe und schließlich auch dem Zauberer von Oz, dem Land der Phantasie. Wir kennen die dortigen Mietpreise nicht, doch ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie über den Mieten in Kansas liegen, würden Tante Emily und Onkel Henry die Farm und das Häuschen darauf nicht ohnehin besitzen. In den USA ist man derzeit als Mieter am allerbesten in Kansas aufgehoben, am allerschlechtesten in Manhattan. In Zahlen: Die Hälfte aller US-Haushalte haben ein Jahreseinkommen von unter $70.000 brutto, die andere Hälfte liegt darüber. Um nicht als unter Mietzahlungen „leidend“ zu gelten, sollte der Haushalt nicht mehr als 30% des Einkommens dafür ausgeben müssen, also $1.770 pro Monat für Haushalte genau in der Mitte dieser Einkommensverteilung. In Manhattan kann man damit knapp 23 Quadratmeter mieten, in Wichita, Kansas 134 Quadratmeter. Das macht der Markt, Im Durchschnitt sind Wohnungen in Manhattan 70 Quadratmeter groß, in Wichita 75 Quadratmeter. Das machen Architekten. Die Menschen, jedenfalls die in Manhattan und in weiten Teilen New Yorks, rücken zusammen und bilden Wohngemeinschaften mir mehreren Lohntüten mit nach Hause bringenden Haushaltsvorständen. Unter Studierenden schon seit Langem bekannt und als WG-Kultur regelrecht gepflegt, bei Schlechtverdienern aus der puren Not geboren und oft mit Zimmergenossen verbunden, deren Namen man am liebsten gleich wieder vergessen möchte, hat die gemeinsame Anmietung von Wohnraum in New York jetzt eine innovative Form hervorgebracht. Mommune ist ein Kofferwort aus Mom, also Mutter, und Kommune, also Gemeinschaften, in denen Haushaltsvorständinnen verbindlich zusammenleben, die weder verwandt noch Sexualpartner sind. Diese Art Wohngemeinschaften alleinerziehender Mütter verbindet eine Antwort auf die astronomischen Mieten in New York mit den Vorteilen, nicht ganz alleinerziehend zu sein. Die uralte Kraft von Sisterhood und Matriarchat hat den Redakteurinnen bei der New York Times die Augen derart angefeuchtet, dass Mommune auf der Titelseite zu lesen war, und darunter gab es Zahlen. Vor 20 Jahren wurde die Webseite CoAbode als eine Art Plattform gegründet, auf der sich alleinstehende Mütter austauschen können, was auch immer das heißen mag. Mittlerweile sind auf CoAbode mehr als 300.000 Nutzerinnenprofile alleinstehender Mütter zu finden, die entweder schon in einer Mommune leben, eine gründen wollen oder sich einer anschließen. Zum Vergleich: Wichita hat, ähnlich wie Wuppertal, knapp 400.000 Einwohner. Zudem ist das Potenzial riesig. Bei derzeit 61 Mio. Ehepaaren in den USA, davon 40% mit Kind oder Kindern und einer Scheidungsrate von ebenfalls etwa 40% dürfte das Konzept der Mommune in den kommenden Jahren wohl Schule machen, nicht gerade in Kansas oder jenseits des Regenbogens, doch in New York und den anderen Stellen in den USA, wo die Mieten zuletzt durch die Decke gegangen sind.

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