ItalienOnline 12/2014 - page 9

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12.12. Kunst Wirt8
20.12. Mark Bennett
Eine fremde Namensvetterin trägt denselben seltenen Familiennamen.
Ist es Mutter? Und hat sie einst auch ein Schwesterlein in die Welt be-
fördert?
In meiner Eigenschaft als Vertreter für Strick- und Häkelnadeln kam
ich eines Tages zu einer Haustür, an der mein eigener Familienname
stand (Wagner und Jäger). Bis zu diesem Augenblick hatte ich geglaubt,
der einzige Mensch zu sein, der so hieß, denn meine Eltern und übrigen
Verwandten waren gestorben.
Was ich stärker empfand – Überraschung oder Enttäuschung –, hätte
ich nicht sagen können, jedenfalls verschlug es mir meine übliche Vor-
gehensweise, die darin bestand, zu klingeln und die öffnende Person,
egal ob weiblich oder männlich, zu fragen: „Wissen Sie denn auch, dass
Frauen und Mädchen in aller Welt häkeln und stricken?“
Wegen der zwei „und“ in so kurzer Folge war ich nicht restlos zufrieden
mit dem Wortlaut, wusste aber keinen besseren. Etwa die Frage zu stel-
len, ob wir gemeinsam auf dem Dachboden tanzen sollten, wäre nicht
annähernd so zweckdienlich gewesen. Doch klingelte ich wie sonst
auch, denn ich musste wissen, wer da meinen raren Familiennamen
trug. Eine Frau öffnete, und wahrhaftig sah sie meiner Mutter etwas
ähnlich. Ich rief nun keineswegs: „Mutter!“, sondern informierte sie un-
ter Vorlage meines Ausweises über unsere Namensgleichheit. Sie schien
nichts Bekanntes an mir zu entdecken.
„Wenn Sie damit andeuten wollen, Sie seien mein Sohn“, sagte sie, „be-
finden Sie sich im Irrtum. Ich habe nie einen Sohn gehabt, nur eine
Tochter.“ Ein nach Art eines Landgeistlichen gekleideter älterer Mann
tauchte plötzlich neben meiner Namensvetterin auf. Ohne dass mich
jemand über seine Identität aufklärte, belehrte er die Frau: „Ja, aber vor
Ihrer Tochter hatten Sie doch eine Fehlgeburt, und zwar eine männli-
chen Geschlechts. Inzwischen ist dieses bedauernswerte Kind in einer
anderen Welt zum Manne herangewachsen und kommt Sie heute besu-
chen.“ Der Blick der Frau verriet ihre Skepsis. In der Absicht, zur Klä-
rung der Angelegenheit beizutragen, berichtete ich: „Von meinen Eltern
weiß ich zuverlässig, dass meine Mutter einst ebenfalls eine Fehlgeburt
hatte, der Fötus war weiblich.“ – „Das ist der Beweis“, rief der Mann. Zu
der Frau sagte er: „Wir wollen zu Ihrer Tochter gehen und mit ihr die
Verbindung herausarbeiten, die zwischen allem besteht.“
Die Angeredete widersprach nicht, und zu dritt begaben wir uns in die
Parterrewohnung. Nun war ich also gewissermaßen als herangewachse-
ne Fehlgeburt auf dem Weg zu der herangewachsenen Fehlgeburt, die
meine Schwester sein sollte. Auf sie war ich sehr neugierig. Es wurde
eine Tür geöffnet, und wir blickten in ein halbdunkles Zimmer. Von
einer Stehlampe schwach beleuchtet, stand am anderen Ende ein alter
Wohnzimmersessel. Jemand saß darin, doch war nichts Genaues zu er-
kennen.
Bevor wir beginnen konnten, die Verbindung herauszuarbeiten, die zwi-
schen allem bestand, veränderte sich alles. Wir standen im Freien, und
der Bergführer sprach: „Meine Damen und Herren, hier sehen Sie den
Himalaja (Dritter von links) mit seinem gallertartigen Gipfel.“ Dann
gingen wir nach Hause.
G i p f e l d e r V e r w a n d t s c h a f t
v o n E u g e n E g n e r
hauck & bauer
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