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TAL
IEN
DIEDERICHS „THE BERLIN NOT-BOOK“
H A R R Y V O M H O M B Ü C H E L
E i n f a c h z u v i e l P a r t y
Ach herrje! In so geballter Form ist man Einladungen ja gar
nicht gewohnt. Zumal der Anlass der jeweiligen Festivitäten unter-
schiedlicher kaum sein könnte.
Alles beginnt damit, das Regina J. den ITALIEN-Mann im
Glasbierfachgeschäft verschwörerisch auf die Seite nimmt: „Hättest Du
lieber Rouladen oder Sauerbraten?“ Wie sich herausstellt, zieht Regina
gerade die Fäden für ihren bevorstehenden 33. Hochzeitstag. Das ist
eine ganze Menge Holz und vielleicht liegt es daran, dass Regina und
ihr Andreas in der Öffentlichkeit nur selten ihre Vornamen verwenden,
sondern lieber die Formel „meine Frau“ und „mein Mann“ benutzen. Na
wie auch immer, jedenfalls ist der große Tag dann da und so macht sich
der Berichterstatter mit Susanne „Suse“ N. auf den Weg zum feierlichen
Sauerbraten. In der Küche werkelt Andreas noch schwer vor sich hin,
während Regina die Gäste ausführlichst über die Menüfolge aufklärt.
„Ich rauch´ noch schnell eine, dann geht’s los“, ruft sie in Richtung Kü-
che. „Das sagt meine Frau schon den ganzen Tag“, schallt es zurück.
Letztlich aber wird es doch noch ein schmackhafter Abend.
Gleich am nächsten Abend steht mit der Wohnungseinwei-
hung des Ziehtöchterleins Pia A. und ihrer neuen Wohngemeinschaft
gleich der nächste große Event an. Dafür indes fehlt Suse die Kraft –
doch damit verpasst sie was! Während die eintreffenden jungen Herren
mit der Temperatur angemessenen Kleidung erscheinen, sieht es bei ei-
nem Gutteil der Mädchen anders aus; einige haben sich auch was zum
Umziehen mitgebracht. „Leicht bekleidet“ lautet das Motto des Abends.
Da hätte Suse doch gut mithalten können. Aber so schweben nun knap-
pe Lederhöschen, Röckchen und Kleidchen ohne sie durch die Räume.
Eine der jungen Ladies hat gar einen schwarzen BH mit etwa Zweizenti-
meterstacheln dabei. „Trägt man den über oder unter dem Hemdchen“?
„Da ist dann gar nix drunter“, lautet die lapidare Antwort. Na, ganz so
stimmt das bei dem Figürchen ja nun auch nicht. Der Knaller jedoch
ist ein Zettel auf der Toilette, der auffordert, beim Pinkeln ein Selfie zu
machen. Wenn man bedenkt, welche Warteschlangen sich im Verlauf
der Party vor dem Wellnessbereich noch so bilden werden, läuft es wohl
eher auf Notaufnahmen hinaus.
Auf der Rückfahrt ist der Hauptstadtkorrespondent von
ITALIEN, dem Brevier für Love and Happiness, in der U-Bahn dann
umgeben von Grusel-Clowns beiderlei Geschlechts. Doch die ebenfalls
anwesenden Ordnungshüter sind entspannt. Die Bande ist auf dem Weg
zum „Zombie-Walk“ in Friedrichshain um Halloween einzuläuten.
Unterdessen hat Rüdiger T. das Zeitliche gesegnet. Und so
steht im Glasbierfachgeschäft nun „Rüdigers Abschiedsparty“ an, denn
irgendwie war Rüdiger dort so was wie die Seele vons Jeschäft. Schaffte
Ordnung und Sauberkeit und sorgte auch für ausschweifende Unterhal-
tung. Wehe dem, den Rüdiger zwischen den Stimmbändern gefangen
hatte. So schnell kam der nicht wieder los. Und so war Rüdiger zugleich
auch „eine Gefahr für den öffentlichen Schankraum“, wie es jemand,
der ungenannt bleiben will, einmal nicht ganz unzutreffend ausdrückte.
Während an bewusstem Abend draußen also der Himmel symbolträch-
tig weint, wird drinnen eingangs Rüdigers Lieblingsschnaps Jägermeister
hinuntergewürgt und dann ist fröhliches Hopp-Juchee: „So wie Rüdiger
es sich gewünscht hätte“.
Meine liebe Grit, Deine Hochzeit findet ohne mich statt – ein-
fach zu viel Party in viel zu kurzer Zeit.
(Anm. d. Red.: Hallo Grit, wir könnten Ersatz schicken, haben so manchen
wilden Partybengel in der Redaktion. )