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12 I

TAL

IEN

WattLöpptin

NYC

vonStephenOldvoodel

T h a t ‘ s N o t G r a n d m a :

K o n z e p t v s . A u g e n s c h e i n

Regelmäßig meinen Besucher der Galerie 915 des Metropoli-

tan Museums, ihren Augen nicht trauen zu dürfen, oder sie kratzen sich

fragend den Kopf. Zwischen einigen de Koonings, Stellas, Twomblys

und Rothkos – also Haushaltsnamen abstrakter US-Nachkriegskunst –

hängt in Galerie 915 ein 1981 entstandenes Bild des 1949 geborenen

Mark Tansey. Auch er also Malerei des späteren 20. Jahrhunderts, auch

er US-Amerikaner, doch was man auf der zwei Meter hohen mal drei

Meter breiten Leinwand als Ölmalerei im Grisaille-Stil, also grau in

grau, sehen kann, ist erkennbar gegenständlich. Wir sehen eine Kuh

vor einem Bild stehend, das wir vielleicht schon mal im Mauritshuis in

Den Haag gesehen haben, nämlich das auf 1647 datierte Bild „De jon-

ge stier” von Paulus Potter. Rechts neben dem Potter hängt dann noch

eine witzige Anspielung auf die vielen Heuhaufen, die Claude Monet in

seiner Karriere gemalt hat, und links und rechts der Kuh stehen sechs

ernst dreinblickende Herrschaften, teil in Wissenschaftlerkitteln, teils

in kunstprofessoraler Tracht. Der Titel des ansonsten im Stile der Histo-

rienmalerei vergangener Jahrhunderte gehaltenen Gemäldes lautet „The

Innocent Eye Test”, der Test des unverdorbenen Auges. Die ernsten Her-

ren, so suggeriert die Szene, möchten sich durch die Reaktion der Kuh,

der ja die ganze, vermutlich durch Plato verschuldete Debatte um Re-

präsentation und Repräsentiertem herzlich egal sein dürfte, sie möchten

sich vergewissern, dass die Betrachtung von Kunst eher Konzepten von

Kunst folgt und vielleicht nicht so sehr dem Augenschein. Nun können

wir den Ausgang des Versuchs nur ahnen, ob sich die Kuh nun in den

jungen Stier verliebt, ob sie sich vielleicht eher von Monets Heu angezo-

gen fühlt, oder ob sie einfach nur ihren Darm entleeren wird, worauf der

Feudel in der Hand einer der Herren hindeuten mag. Tansey äußert sich

nicht zum Ausgang seines Innocent Eye Tests und unter Kunstkritikern

ist die Frage nachhaltig umstritten.

Weniger umstritten ist Verlauf und Ausgang einer Verwechs-

lung, zu der sich jetzt das Williams Funeral Home in der Bronx bekannt

hat. Einige Meilen nördlich des Metropolitan Museums, dort wo der

Broadway die 232nd Street schneidet, hatten Angestellte des Beerdi-

gungsunternehmens – wie so oft – telefonisch von trauernden Angehö-

rigen vom Ableben eines Mitmenschen erfahren, man hatte einen Lei-

chenwagen zum Krankenhaus zur Abholung des Verstorbenen geschickt,

die sterblichen Überreste wieder zu was Vorzeigbarem hergerichtet, ei-

nen Termin zur Einäscherung im Krematorium gebucht und vorher –

wie sich das in den USA so gehört – Verwandten und Freunden des

verstorbenen Mitmenschen an einem Sonntagnachmittag die Gelegen-

heit gegeben, am offenen Sarg Abschied zu nehmen. Jean McDonald, so

war in der Traueranzeige zu lesen, war nach kurzer, schwerer Krankheit

im Alter von 81 Jahren gestorben. Sie hinterließ acht Kinder, 27 En-

kel, 23 Großenkel und drei Urgroßenkel. Es flossen Tränen, es wurden

Geschichten aus ihrem Leben erzählt, man versicherte sich gegenseitig,

dass nach einem erfüllten Leben wie dem ihren der Tod angesichts ei-

ner schweren Krebserkrankung schlussendlich doch eher eine Erlösung

gewesen sei und dass es trotz des traurigen Anlasses doch mal wieder

schön gewesen wäre, dass die ganze Familie und viele der Freunde hätten

zusammenfinden können. Nur die Kleinen störten ein wenig, behaupte-

ten, dass die Dame im offenen Sarg gar nicht die Oma bzw. Uroma sei,

und mussten mit längeren Ausführungen belehrt werden. Oma sei im

Krankenhaus verstorben. Dort treibe man mit Kranken im Dienste der

Gesundheit allerlei Dinge, mitunter auch Unfug, und hinterher seien die

Kranken kaum mehr wiederzuerkennen, vor allem dann nicht, wenn sie

trotz der vielen Behandlungen tot geblieben wären, wie man es in Köln

ausdrücke. Köln hin oder her, es brauchte schon einige Überzeugungs-

kraft von Leuten, die nicht glauben konnten, dass es sich bei der To-

ten um jemand anderen handeln könne als Oma, um den Augenschein

der Kleinsten überstimmen und zum Verstummen bringen zu können.

Eine Woche nach der Einäscherung bekam Leroy McDonald, der älteste

Sohn der Verstorbenen, dann einen Anruf aus dem Williams Funeral

Home. Man sei untröstlich, es habe eine Verwechslung stattgefunden,

der eingeäscherte Leichnam sei nicht der von Jean McDonald gewesen,

sie läge noch im Eisfach. Die Zeitungen stürzten sich natürlich auf die

Geschichte und es wird bereits gemunkelt, dass Mark Tansey bereits die

Leinwand für ein neues Werk mit dem Titel grundiert habe „That‘s Not

Grandma”.

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