ItalienOnline 10/2014 - page 12

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TAL
IEN
WattLöpptin
NYC
vonStephenOldvoodel
Verdammt nah an der Gastronomie.
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Luisenstr. • 42103 Wuppertal • Tel. 0202/30 45 26
Frühstück: Mo - Fr 8 -12 Uhr • Sa 9 - 13 Uhr • So 10 - 13 Uhr
Essen: Mo - Fr 12 - 23 Uhr • Sa 13 - 23 Uhr • So 13 - 22 Uhr
täglich geöffnet: Ende offen!
Herbst !
Die ersten Gl äser fal l en
vom Apfelbaum!
L o c a t i o n , L o c a t i o n , L o c a t i o n !
Location, Location, Location! Das Motto der Immobilien-
branche gilt auch auf dieser Seite des Atlantiks und meint vereinfacht
gesagt, dass die unverrückbarste Eigenschaft einer Liegenschaft alle ihre
anderen Eigenschaften in ihrer Wertigkeit auf die hinteren Plätze ver-
weist. Dabeisein ist zwar Alles, doch Lage ist nicht zu toppen.
Chris Kletecka ist ein Immobilienhändler der besonderen
Sorte. Sein Arbeitsgebiet ist die Fashion Week. Mittlerweile heißt sie
Mercedes-Benz Fashion Week und sie kommt auf ihrer Tour zweimal
pro Jahr nach New York, im September und im Februar. Dazwischen
lässt sie sich unter gleichem Namen in London, Paris, Mailand, Istan-
bul, Miami, Tokyo, Moskau, Sydney, Toronto und weißgottnochwo bli-
cken, so dass der Eindruck entsteht, Mercedes stelle nicht dicke Autos
her, sondern vor allem dünne Models. Aber zurück zum Thema. Chris
wohnt eigentlich in Columbus im Bundesstaat Ohio und betreibt dort
experimentellen Landbau. Um sich das leisten zu können, kommt er
nach New York zu den beiden hiesigen Ausgaben der Fashion Week,
die seit Jahren in einem eigens dafür errichteten Zelt gleich neben der
Metropolitan Opera stattfindet. Er markiert für die Präsentationen der
kommenden Moden die Standorte für die Fotografen. Die sind beina-
he noch divenhafter als die Gesangskünstler nebenan. Sie lassen sich
ihre jeweiligen Vorlieben hinsichtlich des idealen Kamerastandpunkts
immerhin soviel kosten, dass Chris zwei sehr auskömmliche Wochen
im Jahr genießt, und die von ihm gestellte Rechnung nimmmt in der
Betriebskostenkalkulation der Fotografen einen prominenten Platz ein.
Joseph Paradiso will mit seinem 600mm-Objektiv ganz nach hinten,
von wo aus er seine Shots im Safari-Look aus kaum wahrnehmbarer
Untersicht macht, Amanda de Cadenet schießt leicht weitwinklig von
ganz vorne, Richard Warren hat vor ein paar Jahren in ein richtig gu-
tes Zoom-Objektiv investiert und macht als sogenannter “Sniper” die
Aufnahmen von den vielen Assecoires und den Schuhen, ähnliches gilt
für Greg Powers. Jill Wachter braucht einen Hocker zum Draufstehen
und der regelmäßig unter Studierenden des Fashion Institute of Tech-
nology verloste Platz für talentierte Nachwuchsfotografen ging in den
vergangenen Jahren stets an einen Romantiker mit Mittelformatkame-
ra, Rollfilm und fester Optik. Sie sind für ihre eine Aufnahme genau
drei Meter vom Ende des Laufstegs zu stehen berechtigt. Zu mehr reicht
gewöhnlich die Zeit nicht. Das Licht geht aus, die Spots gehen an, Mu-
sik erklingt und sobald das erste Model um die Ecke biegt, rattern die
Verschlüsse, als gäbe es kein Morgen. Einige der Fotografen sind gleich
mit Kabel an die Computer der Fotoeditoren angeschlossen, die meis-
ten füllen ihre superschnellen Speicherkarten und drücken diese dann
einem Runner zum Transport in die Postproduktion in die Hand.
Wie der Name schon sagt, rennen die Runner, denn Zeit ist
Geld und bevor das Model kehrt gemacht hat und das Publikum in der
ersten Reihe ihr “ach, ist die dünn” und “nur Badgley Mischka kann
sich so etwas rausnehmen” geraunt haben, sind die besten Aufnahmen
bereits farbkorrigiert, an den Rändern vielleicht etwas beschnitten
und kontrastangereichert auf den Webseiten der Vogues und Fashions
dieser Welt erschienen. Vier Bühnen, fünf Show pro Bühne und Tag,
sieben Tage. Wer da noch weiß, wo einem der Kopf steht, ist vermut-
lich von vorgestern, was aber in der Branche auch nicht grundverkehrt
ist, denn alles kommt irgendwann mal wieder. Das wissen die gut 20
Kunden von Chris am besten und sie halten damit nur selten hinter‘m
Berg, was aber im Lärm der Kameraverschlüsse meistens untergeht.
Wer allerdings seine Bose-Noise-Cancellation-Kopfhörer entsprechend
frisiert, kann nahe den Kameras regelrechte Insiderinformationen auf-
schnappen. Diese Plätze werden nicht von Chris markiert und gelten
im Getöse der Fashion Week ganz zu unrecht als die schlechteren. Das
nutzen junge Modekritiker, der modekritische Nachwuchs gewisserma-
ßen, der sich während der Modewoche einen Namen machen und dabei
routiniert und erfahren tun muss. Wenn das Zelt der neuesten Mode
dann schließlich abgebaut ist, dauert es nicht lange, bis auf derselben
Location ein anderes Zelt entsteht, das des Big Apple Circus.
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