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6 I

TAL

IEN

DIEDERICHS „THE BERLIN NOT-BOOK“

S a c h e n s F l ö n z …

...und prompt dreht im Glasbierfachgeschäft die Gemeinde

um den ITALIEN-Mann komplett durch. So beispielsweise geschehen,

als ein kleiner knubbeliger bergischer Künstler – der mit dem „gesunden

Übergewicht“ – im Frühsommer des Jahres die Ankündigung seines Be-

suches mit den Worten beendet: „Du kannst also schon mal Deine Kebs-

weiber vorwärmen“. Erwartungsgemäß löst dies helle Aufregung aus,

denn die schwach geräucherte Blutwurst aus dem Rheinland mit ihren

kleinen Fettstückchen erfreut sich auch am hauptstädtischen Südstern-

Kiez großer Beliebtheit. Sabine K. etwa gerät völlig aus dem Häuschen:

„Hurra! Hurra!, jubelt sie, „dann bringt er wieder diese Wurst mit und

wir machen Party“. Da ist es nur verständlich, dass die wenig später er-

folgte Flönz-Absage größere Depressionen auslöst.

Doch der große Moment wird ja nur auf den Spätsommer ver-

schoben. Gleichwohl wollen sie es ihm nun aber mal so richtig zeigen.

Regina J. bringt von ihrem Besuch bei Papa und Mama mehrere Pfälzer

Schwarzwürste mit: „Damit wir mal einen Vergleich haben“. Diesen Ge-

danken greift Herbert M. sofort auf, will es ihr gleich tun und verspricht

original Schwarzwälder „Negersäckel“ anzuschleppen. Das ist nicht nur

political uncorrect, sondern auch sonst eine Pleite. „Mein Metzger hat

ohne Begründung aufgegeben“, bekennt er beschämt.

Was also ist dran am Flönz, dass schon bei der bloßen Erwäh-

nung alle so am Rad drehen? „Et iss jet ähnlishet wie de Blotwoosch unn

weed och uss Bloot unn Würfelscher vumm Suuspäck jemaat. Äwwer

Flönz weed jekoch unn Blotwoosch jeräuschat. Unn deswäjje sinn de

Flönz wabbelisch“.

Doch damit nicht genug, seit dem 29. Juli diesen Jahres steht

„Flönz“ als geschützte Herkunftsbezeichnung sogar unter dem Schutz

der Europäischen Kommission

(http://ec.europa.eu/agriculture/quality/

door/registeredName.html?denominationId=12500). Dagegen können

die süddeutschen Würstel natürlich erst recht nicht anstinken. Das ge-

sunde Übergewicht allerdings auch nicht, denn als es vorneulich dann

ohne Flönz am Südstern aufschlug, war ihm der Spott sicher.

„Das iss doch Dein Flönz-Dealer, dieser Versager – oder?“,

höhnt etwa Sabine Ks. Uli. Leicht unzufrieden zeigt sich auch die Wup-

pertalerin Beate P., die aufgrund ihres langjährigen Exils heutigentags

Elberfeld gern mit Cronenberg verwechselt. Regina J. indes nutzt die

entstandene Ernährungslücke im Glasbierfachgeschäft gnadenlos aus.

Gleich am nächsten Tag trägt sie triumphierend auf und stellt eine gro-

ße Schüssel zwischen die Glasbiere. „Wenn es schon keinen Flönz gibt,

dann wenigstens einen Wurstsalat. Und siehst Du die Blutwurst da

drin“, strahlt sie den Hauptstadtkorrespondenten von ITALIEN, dem

Blotwoosch-Magazin mit dem Gütesiegel, an: „Na ja, eine muss es ja

machen!“. Ohgoddegoddegott, ist das peinlich, man möchte im Knei-

penboden versinken. Der knubbelige Künstler traut sich nur noch nach

Einbruch der Dunkelheit an den Tresen.

„Ja, ja, beim nächsten Besuch komme ich mit leichtem Ge-

päck“, stottert er reumütig, „dann ist auch wieder Platz für Flönz“. Schal-

lendes Gelächter antwortet ihm. Komplett ausgeflönzt!

Man darf gespannt sein, wie er sich aus diesem Karriereknick

wieder heraus pumpernickelt.

rattelschneck