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WattLöpptinNYCvonStephenOldvoodel
E m b a s s y R o w , N OMH
Bisweilen blüht die Vorliebe der New Yorker Immobilienmak-
ler, Straßenblocks, deren Mietpreise sie für entwicklungsfähig halten,
neue und sehr schicke Namen zu geben. Aus South of Houston Street
wurde SoHo, aus dem Triangle below Canal Street wurde Tribeca, aus
dem Gebiet „Down Under the Brooklyn Bridge Overpath” wurde Dum-
bo, aus Hells Kitchen wurde HK und so weiter. Das Ergebnis einer jün-
geren Blüte ist nun auf der Westseite der Second Avenue auf dem Block
zwischen 45th Street und 44th Street zu besichtigen. Dort mochte das
Besitzerehepaar des traditionsreichen Unternehmens Litter & Leashes
(Katzenstreu & Hundeleinen) nach Eintritt in den Ruhestand die Lease
nicht verlängern. So stand das Ladenlokal eine Weile mit der Kiezbe-
schreibung „Midtown East” zur Vermietung. Das entspricht zwar der
Wahrheit, klingt aber nur entfernt sexy. Und sexy sollte es schon sein,
wenn eine Jahresmiete von knapp $2.000 pro Quadratmeter aufgerufen
wird. Der Preis gilt für den Block als bestandsgerecht, denn er markiert
derzeit das Grenzgebiet zwischen purem Luxus und täglichem Bedarf.
Links und rechts neben „Katzenstreu & Hundeleinen” werden nämlich
zwei Flickschustereien, eine chemische Reinigung mit angegliederter
Änderungsschneiderei, ein Geschäft für Tabakwaren, ein Schnaps- und
Weinfachhandel, eine Wäscherei, ein kambodschanisches Restaurant
namens „Phnom Penh” und mittenmang ein Friseursalon betrieben.
Dort gibt es den Haarschnitt noch für $16. Einschließlich Trinkgeld ist
man nach 15 Minuten und 20 Dollar wieder draußen. Das passt so gut
in die Lunchpausen der zahlreichen diplomatischen Vertretungen in der
Nachbarschaft, dass der Salon zwischen 11.30 Uhr und 14.30 Uhr auf
allen 12 zur Verfügung stehenden Friseurstühlen zu brennen scheint.
Die Friseure stammen aus den „stans”, den kleinen Ländern
östlich des Kaspischen Meers, die mit stan enden, aber nicht mit Pakis
oder Afghanis anfangen. Davon gibt es erstaunlich viele. Den Friseuren
ist das egal. Sie unterhalten sich mit der Kundschaft in knappem Eng-
lisch. Zahlreiche Kunden tragen Nadeln am Revers, die sie als „His Ex-
cellency” oder mindestens als „Ambassador” ausweisen. Die Affäre um
die Kosten für einen Haarschnitt des französischen Präsidenten hat die
Konjunktur nur noch befeuert und vor dem Haarschnitt werfen auch
Diplomaten mal gerne ein Paar Schuhe zum Besohlen bzw. Hemden in
der Wäscherei ab, oder sie lassen sich den Hosenbund noch mal ein we-
nig lockern. Mit einem gewissen Hang zur Selbstironie, der geborenen
Diplomaten wohl in die Wiege gelegt zu sein scheint, spricht man in die-
sen Kreisen schon seit Jahren über die „Embassy Row”, wenn man den
Block mit dem billigen Friseur meint. Ironisch deshalb, weil die wirk-
liche Embassy Row ja in der US-amerikanischen Hauptstadt Washing-
ton, DC liegt und weil die ständigen Vertretungen der Mitgliedsstaaten
bei den Vereinten Nationen nach allem völkerrechtlichen Dafürhalten
keine echten Botschaften sind. Über diesen Witz lachen Friseure immer
gerne. Pasquale Strippoli von der Immobilienfirma Halstead Property
LLC lachte vor wenigen Wochen im Friseursalon mit. Er hatte eigentlich
nur Schuhe abgeworfen – als Makler braucht man häufiger neue Absätze
und vor allem immer gutes Schuhwerk, weil das Vertrauen schafft – und
war zum Nachschneiden der Kanten und Ausrasieren des Nackens –
kostet ebenfalls $16 – eingetreten. Es lohnte sich, denn als „Embassy
Row” hatte er den Block vorher noch nie wahrgenommen. Zudem war
das anschließende Lunch im kambodschanischen Restaurant mal wie-
der hervorragend und machte den Witz aus dem Friseurladen zu einer
guten Idee. Murray Hill, so der Gedankengang von Pasquale während
des Desserts (Durianschnitze an Mango in Kokosmilch), wird allgemein
und besonders im Jargon der Fernmelder mit MH abgekürzt. MH grenzt
so unmittelbar und südlich an Midtown East, das Midtown East also
north of MH liegen muss, kurz NOMH. Das klang in Pasquales Ohren
erstens exotisch und nach entsprechendem Preisniveau und war zweitens
nicht mal gelogen. Das Leasing-Angebot für das ehemalige Ladenlokal
von „Katzenstreu & Hundeleinen” ist seit ein paar Wochen angepasst,
die Nachfrage hat anscheinend angezogen und in den anderen Geschäf-
ten auf der Embassy Row blickt man den kommenden Verhandlungen
mit Vermietern nun weniger entspannt entgegen. Exklusivität hat halt
ihren Preis.
Verdammt nah an der Gastronomie.
Besuchen Sie uns auch im Internet!
www.katzengold.orgLuisenstr. • 42103 Wuppertal • Tel. 0202/30 45 26
Frühstück: Mo - Fr 8 -12 Uhr • Sa 9 - 13 Uhr • So 10 - 13 Uhr
Essen: Mo - Fr 12 - 23 Uhr • Sa 13 - 23 Uhr • So 13 - 22 Uhr
täglich geöffnet: Ende offen!
Jetzt kommt
der schöne Herbst…
Danke, Merkel!