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12 I

TAL

IEN

WattLöpptin

NYC

vonStephenOldvoodel

D o n a l d Tr u m p

a n d t h e

N e w Y o r k V a l u e s

Die USA sind derzeit tief gespalten. Das hat teils mit Fragen

zu tun, die auch in Deutschland polarisieren. Sehr erschwerend kommt

hierzulande allerdings hinzu, dass die Maschinerie für die im November

anstehende Präsidentschaftswahl rechtzeitig zum ersten Stimmungstest

in Iowa in den roten Drehzahlbereich gekommen ist. Vor den Nomi-

nierungen der jeweiligen Spitzenkandidaten der beiden die USA seit

Menschengedenken beherrschenden Parteien wird in Vorwahlen und in

den Anläufen dazu der- oder diejenige ermittelt, die oder der die bes-

ten Chancen auf einen Sieg im November zu haben verspricht. Das ist

deutlich einfacher als es klingt. Zudem ist das Verfahren vor allem auf

der Seite der Republikaner von hohem Unterhaltungswert und dies ist

einzig und allein auf einen Mann zurückzuführen: Donald Trump. Der

Mann strotzt vor Selbsbewusstsein und, obwohl er systematisch wich-

tige Wählerschichten beleidigt, führt er die allermeisten Umfragen so

klar an, dass seine Gegner derzeit händeringend nach geeignetem Dreck

suchen, der auf Trump geschleudert auch mal kleben bleibt. Pleitekönig,

Frauenfeind, Rassist, begründete Vorhaltungen wie diese hatten Trumps

Popularität eher noch befördert, also gingen Cruz, Bush, Rubio und wie

die anderen „hopefuls” der Republikaner noch heißen mögen, auf die

unterste Sohle und fanden „New York Values”. Trump, so der Vorwurf,

könne weder anständiger Republikaner noch US-Amerikaner sein, auch

nie einer werden, denn er sei schließlich in New York City geboren. Die

Frage nach dem Woher muss sich in den USA jeder Präsidentschaftsbe-

werber schon aus Gründen des Verfassungsschutzes gefallen lassen, doch

reichte bislang ein Geburtsort in den USA für die Qualifikation aus.

Nun, es bleibt weitgehend unwidersprochen, dass die Stadt an Hudson

und East River vom Rest der USA mitunter sehr verschieden ist. Es gibt

zum Beispiel weniger Erdöl und offen getragene Schusswaffen als in Te-

xas, Maisfelder sind viel kleiner als im Mittleren Westen, die Berge nicht

so imposant wie in Colorado oder Utah und der Ozean bei weitem nicht

so pazifisch wie etwa der in Kalifornien. Aber immerhin gelten die Five

Boroughs noch als US-amerikanisch genug, um im Ernstfall von der Air

Force verteidigt zu werden. Was hat es also mit dem an die Wand ge-

malten Ernstfall eines in New York City geborenen und aufgewachsenen

Präsidenten auf sich, oder, wie sogar die rechtskonservative New York

Post auf der Titelseite, aber ansonsten hinter vorgehaltener Hand fragt:

„What the F... are New York Values?” Die lokalen Medien sind in Auf-

ruhr, die Demoskopen beschäftigt, und die Menschen in New York fra-

gen sich: „Should we care?” Den Republikanern geht es um die Haltung

zu gleichgeschlechtlicher Ehe, Abtreibung und Staatsquote, während für

New Yorker zwei Adjektive ganz vorne sind: reich und schön.

An der Haltung kann man im Yoga-Kurs arbeiten. Schönheit

kommt eher von außen als von innen, aber beides kostet Geld, viel Geld.

Die Anhebung des Hänge-Popos auf brasilianisches Niveau, Straffung

des Hodensacks, der Augenlider und der Speckfalten am Hals, strahlend

weiße Zähne, Haartransplantation, was auch immer Mutter Natur in

ihrer Schusseligkeit übersehen hat, lässt sich mittlerweile dicht an Foto-

shop-Ergebnisse heranoperieren. Doch Donald Trump gibt es wirklich

und er sieht auch genauso aus wie in den Medien dargestellt. In New

York weiß man, Donald ist wohl nicht ganz so reich und erfolgreich, wie

er es gerne darstellt, und auch ansonsten ein ziemlicher Kotzbrocken,

aber immerhin scheint er seine Kosmetikerrechnungen begleichen zu

können. Zudem findet man den Gedanken mittlerweile irgenwie sexy,

dass die republikanische Partei im Sommer tatsächlich einen so schrägen

Vogel wie Trump auf den Schild heben könnte. Ein wenig Gehässigkeit

darf schon sein und Komiker brauchen halt Inspirationen. Als echt New

Yorker Kotzbrocken hat auch Donald einen feinen Sinn für Humor und

tritt auf seinen Wahlkampfveranstaltungen seit neuestem mit einer mu-

sikalischen Einlage im Stil des Rhythm and Blues auf: Donald Trump &

the New York Values singen zur Einstimmung „We Are The Champions”.

Konfet ti im Bier?

Nicht bei uns!!!