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TAL
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DIEDERICHS „THE BERLIN NOT-BOOK“
B e k e n n t n i s s e v o m R o b e r t R e d f o r d
d e r K ö r t e s t r a s s e
Manchmal können kalendarisch eigentlich fest verankerte
Großereignisse auch schon mal früher anfangen, wie sich jüngst feststel-
len ließ. Schon im November etwa lockt im Glasbiergeschäft eine lustige
Tafel zur obligatorischen Raketen-Fete mit Disco und allem Schnick-
schnack. Da kann es kaum ausbleiben, dass an den ITALIEN-Chronis-
ten die Frage herangetragen wird, was er denn zu Silvester so vorhabe.
„Elke würde gern mit Dir und mir hier feiern“, säuselt Gabriele „Katja“
A. mit launigem Augenaufschlag. Donnerwetter, da fühlt sich das Ego
aber mal ganz schön am Kinn gekrault! Bleibt nur die Frage, wer ist denn
Elke? Schicke Handy-Fotos sollen eine Bekanntschaft belegen und „Kat-
ja“ besteht felsenfest auf deren Echtheit – und nimmt fortan den weiteren
Verlauf der Geschicke entschlossen in die Hand. Und irgendwann Mitte
Dezember wird dann auch die Zusage erteilt und man verabredet sich
für 22.00 h MEWZ. „Sehr schön, Elke freut sich schon“!
Das Ego wird ein bisschen verlegen und steckt prompt in der
Bredouille. Denn natürlich erzeugt die Entscheidung für „Katja“ und
die unbekannte Elke sogleich Unmut bei anderen Silvester-Ausrichtern.
Sabine K. und Ulrich W. drohen gar mit schweren Körperstrafen und
gesellschaftlicher Ächtung, soll ihr Buffet mit Suff fett tatsächlich durch
Fernbleiben geschmäht werden.
Also lautet der Beschluss, dass sollte der Mann was tun muss!
Vor der Begegnung mit den Mädchens somit schnell mal eben vorbei-
schnabuliert. Und tatsächlich, schon im Treppenhaus stapeln sich die
feinen Bierchen und in der Küche biegen sich leckere Platten. Es war also
eine weise Entscheidung – und nun ab ins Glasbierfachgeschäft, auf dass
man noch einen Tisch ergattere.
Währenddessen tut die Zeit das, was sie am besten kann: Sie
vergeht. Irgendwann, ungefähr oder so ähnlich gegen 23.00 h MEWZ
schlendert auch „Katja“ gelöst herein: „Elke ist leider krank und lässt sich
entschuldigen“. Sagt es, stürzt eine Cola in ihren vegetarisch-veganen
Kopf und meint: „Ich muss noch kurz woanders hin. Aber ich komm
gleich wieder“ – entschwindet ins Geböller und ward in dieser Nacht
nicht mehr gesehen.
Hat man mit mir einen Silvesterscherz getrieben, fragt das
Ego. Na, in jedem Fall mal so richtig schön auflaufen lassen, schlägt
die Selbstironie dem Hauptstadtkorrespondenten von ITALIEN, dem
Knallfrosch-Magazin mit Zündverzögerung, jovial auf die Schulter.
Neben Trunkenbolden ist zwischenzeitlich immerhin Stefanie
„Steffi“ B. in einem Paillettenkleid aufgetaucht. Nun gibt es ja Frauen,
die können alles tragen und „Steffi“ gehört zweifellos dazu. Aber war-
um just an diesem Abend? Jedes Mal, wenn ein Strahl der Disco-Kugel
auf ihr Kettenhemd trifft, gleicht es einer Silvesterrakete. Staunen kann
auch nerven! Etwas Entspannung verschafft das Erscheinen der schönen
Nachbarin Susanne „Biker-Suse“ N., just entstiegen ihrem Wannenba-
de. „Ach, das war geil“, bestellt sie ihren ersten „Jackie“ (Daniels). „All
we are singing, is give Pils a chance“, erinnert darob Peter Kowald (Wup-
pertaler Freejazzer, 1944-2002) posthum den Chronisten. Und so wurde
es dann insgesamt gesehen doch ein ganz netter Abend.
„Ach, ich habe Dich nach Hause gebracht“, staunt „Biker-Su-
se“ wenige Tage später, „daran erinnere ich mich gar nicht mehr“. Offen
ist indes die Frage: Wer oder wo ist Elke?
til mette