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I

TAL

IEN 9

M e i n l e t z t e r K u ß

v o n E l i a s H a u c k

Man hört immer wieder davon: Alleinlebende, die in ihrer

Wohnung »total vereinsamt« sterben, und zum Dank wird ihnen dann

noch von ihrem Haustier das Gesicht vom Schädel abgegessen. Unter

Gerichtsmedizinern kursiert hier der Begriff vom »Letzten Kuss« bereits

seit einigen Jahren. Prominente Opfer: Elisabeth Volkmann. Hannelore

Kohl. Judy Winter. Mir wird das nicht passieren. Realistisch gesehen

werde ich am Ende meines Lebens entweder als Hans-guck-in-die-Luft

vom Auto überfahren oder im Gefängnis landen. Bei meinem Glück so-

gar: beides.

Ich sitze also am Ende meines Lebens im Gefängnis, genauer

gesagt im Todestrakt, und warte auf meine Hinrichtung. Die Todesstra-

fe wurde mittlerweile in Deutschland wieder eingeführt, aus Sicherheits-

gründen, ich selbst habe sogar dafür gestimmt, als die Onlinepetition bei

Facebook die Runde machte. Hier befrage ich mich rührselig selbst, lasse

mein ganzes Leben Revue passieren. Lange wird das nicht dauern.

Erinnerungen: Einmal habe ich zum Beispiel bei Domian an-

gerufen, also nicht privat, sondern in der Fernsehsendung, zum Thema:

Mein peinlichstes Erlebnis. Am Ende hat sich rausgestellt, dass im nach-

hinein genau DAS mein peinlichstes Erlebnis war. 2010 war ich sogar für

2 Sekunden in der Tagesschau.

Mein erster Kuss wurde von der Tanzschule organisiert. Da-

maliger Kusspartner: Sarah Reppmann. Dazu kaute man Kaugummi,

das war damals ganz neu.

Meine Oma sieht aus wie Ruth-Maria Kubitschek, meine Mut-

ter wie Hannelore Elsner. Man kann sich also ungefähr vorstellen, war-

um ich so aussehe.

Meine gesammelten Lebensweisheiten lassen sich so zusam-

menfassen: Die Liebe ist wie eine Flasche Wein. Sie muss nicht teuer

sein, um sie genießen zu können. Einmal geöffnet, gibt es kein Entrin-

nen mehr (in den Hals). Eiskalt schmeckt sie am besten, bzw: Je oller, je

doller (Weiß- bzw. Rotwein). Oft ist auch alles schon nach einer guten

Stunde vorbei. Was auf dem Etikett steht, ist meistens auch drin, es gibt

aber auch Mogelpackungen! Im Kofferraum sollte man sie niemals trans-

portieren. Und am Ende braucht man immer eine neue. Habe ich etwas

verpasst? Ich habe in meinem Leben noch nie ein Caramac gegessen,

obwohl es gar nicht teuer ist und überall an der Kasse liegt. Warum

eigentlich nicht. Wenn ich einen Wunsch bei einer Fee frei hätte, dann

wäre das folgender: Ich stehe zum Beispiel im Autohaus an der Kasse und

möchte mein neues Auto bezahlen, sagen wir einen gebrauchten Jaguar,

für sagen wir 20.000 Euro. Jetzt passiert folgendes: Der Verkäufer gibt

mir viel zuviel Wechselgeld heraus! Er gibt mir das Geld zurück, das ich

ihm gegeben habe (20.000 Euro) und legt noch versehentlich sagen wir

zum Beispiel 3.000 Euro dazu! Ich fahre also mit dem Auto nach Hause

und habe noch einen Gewinn von 3.000 Euro gemacht. Und das pas-

siert mir dann laut meinem Wunsch überall: Mit jedem Einkauf werde

ich reicher und erhalte noch kostenlos die Ware dazu! Ich bin jedesmal

sprachlos darüber, dass niemand auf die Idee kommt, sich diesen genia-

len Wunsch von der Fee erfüllen zu lassen außer mir.

Halt! Stop! Nein, mal wieder nicht nachgedacht, das wäre na-

türlich nicht mein Wunsch. Mein Wunsch sollte doch besser sein, nicht

hingerichtet zu werden! Vielleicht habe ich den Tod einfach verdient,

weil ich so dumm bin. Als nächstes soll ich mich bei allen sozialen Netz-

werken abmelden (also bei Facebook).

Der Vollzugsbeamte gewährt mir noch einen letzten Ab-

schiedspost. Folgender Eintrag: »Das Schönste am Sommer ist es doch,

dass man wieder draußen ficken kann, ohne dass einem gleich der

Schwanz abfriert!«. Leider darf ich aber nicht mehr abwarten, wer alles

den Post liket, und das ist eigentlich die allerschlimmste Strafe, die man

sich vorstellen kann. Auf einmal muss nämlich alles ganz schnell gehen.

»Ihre Henkersmahlzeit?« - »Ein Caramac, bitte.« Es schmeckt ganz genau

so, wie es seit Jahren aussieht. »Möchten Sie noch jemanden grüßen?« -

»Nein.« Auch ein letztes Gebet verweigere ich, ich muss plötzlich selber

über mich weinen, (weinend) weil es so schade ist, dassich schon sterben

muss.

Ich übergebe die Zelle besenrein. Dann werden die Hunde auf

mich losgelassen und ich erhalte den letzten Kuss.

10 J a h r e

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