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I

TAL

IEN 7

I c h h a s s e K i n d e r

v o n J a s m i n a K a .

Ich hasse Kinder, also die meisten.

Ich liebe meine Kinder, also meistens. Wenn ich die-

se Abwehrhaltung mit einem Wort beschreiben sollte, würde

ich mich als Kinder-Misanthrop bezeichnen. Welch´ Ironie

des Schicksals, dass ausgerechnet mir das vierfache Glück einer

Mutterschaft vergönnt wurde. Man möge mich nicht missver-

stehen, ich fühle mich gesegnet und bin dankbar für meine

Brut, denn letztendlich wurde zu dem Zeitpunkt meiner ersten

Schwangerschaft auch das 45rpm in Elberfeld für immer ge-

schlossen und somit hatte ich von nun an von donnerstags bis

einschließlich montags eh nichts besseres mehr vor! Und die

restlichen Tage - geschenkt!

Statt mich komatös mit einem Restpegel Tequila Gold im Blut

durch den Tag zu quälen, berausche ich mich mit der Foltermethodik des

gezielten Schlafentzuges. Jeder Geheimdienst wäre überaus beeindruckt

von meiner Überlebensfähigkeit. Zuspruch bekomme ich von anderen

retardierten Eltern, welche mir unverdienterweise ihre Anerkennung

mitteilen. Deshalb drängt sich mir das Gefühl auf, mich offenbaren und

über die Tatsache, dass ich als Vorbild für andere Mütter völlig ungeeig-

net bin, aufklären zu müssen. Ich weiß es sehr zu schätzen, wenn mir

geschrieben wird, dass man mich für meine Kraft und mein Wirken als

Mutter bewundert, aber ich bin nicht besser als ihr in eurem Job! Im Ge-

genteil, ich gebe offen zu, dass das Eskalationspotenzial ins Unermessli-

che steigt, wenn eines meiner Kinder vor Wut Scheiben einschlägt, wie

jüngst der Filius einer Freundin es tat. Während sie diesemWutausbruch

mit der Gelassenheit einer Yogi begegnete (es mag an der veganen Er-

nährung, der vielen frischen Luft und Meditation liegen), wäre ich ohne

Umschweife in die Vogelsangstrasse gefahren und hätte mein Kind, un-

abhängig von der Körpergröße, in die Babyklappe gesteckt und wäre für

mindestens zweieinhalb Stunden stiften gegangen um mich zu erden.

Ich hätte die Ruhe ausgenutzt

,um einen Roadtrip mit viel zu lauter Musik,

viel zu vielen Zigaretten und viel zu hoher

Geschwindigkeit zu machen. Da sind viele

von euch anders und wesentlich bedachter.

Vielleicht sind Kinder auch einfach größer als

ich und ich bin ihnen einfach nicht immer

gewachsen. Wenn man sagt, meine Kinder

seien gut erzogen, zucke ich kurz zusammen,

beobachte dann heimlich so manches andere

Kind und stelle fest, dass man dieser Aussage

fast Glauben schenken darf. Diese Haltung,

dass das eigen Kind über allem und jedem

steht, hat im Rückkerhschluss zur Folge, dass die Bälger einfach un-

sympathisch wirken. Ich hätte gar nicht die Kraft und Muße, meinen

Kindern tagtäglich vorzubeten, wie fantastisch sie sind, denn wenn wir

mal ehrlich sind, können die manchmal auch so richtig scheiße sein!

Oder dient es der künstlerischen Entfaltung, wenn sie aus den Bruch-

stücken der zuvor zerdepperten Vase ein Mosaik-Muster in den neuen

Teppich ritzen? Auch der Gedanke daran, dass Kinder im öffentlichen

Lokal eurer Wahl lauthals brüllend, mit den Armen rudernd um die Ti-

sche rennen, bis sie es schlussendlich doch schaffen, die Kellnerin samt

Tablett so umzurennen, dass sie danach einer Hüftoperation bedürfte,

treibt mir im Gegensatz zu vielen anderen den Schweiß auf die Stirn! Soll

das Eurythmie sein?! Gott, ich hasse Kinder manchmal. Vor allem aber

hasse ich es, dass ich Kinder liebe und dass es nichts gibt, nicht mal ein-

geworfene Scheiben oder gar andere Erziehungsmodelle, das das ändern

könnte...

Mist! Ich muss los zur Vogelsangstrasse, ein Mitglied der bru-

talen Brut hat ein Feuerchen gelegt, während ich hier tippe!

Keine 5 Minuten

zu Fuss!*)

*) vom Cinema!