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TAL
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DIEDERICHS „THE BERLIN NOT-BOOK“
K u l t u r e n - K r a w a l l
o d e r : O t t o , m e i n O t t o . . .
Es ist mal wieder soweit! Zum 21. Mal legt der ´Karneval der
Kulturen` den Südsternkiez lahm. Seit dem frühen Morgen nehmen
hinten beim Glasbierfachgeschäft die 73 Festwagen Aufstellung (Fuß-
gruppen nicht eingerechnet) und trommeln sich schon mal ein bisschen
warm. Mittags erfolgt dann das Startsignal für die rund 5.000 Teilneh-
mer und etwas später ist auch vorn kein Durchkommen mehr. Wer sich
nicht rechtzeitig davon gemacht hat, ist damit nun lärmig eingeschlos-
sen. „Kinder sollten aufgrund der Lautstärke Gehörschutz tragen“, heißt
es in den Informationen für Anlieger und Besucher.
Was Karneval ist, muss man der bergischen Leserschaft wohl
nicht weiter erklären; nicht umsonst gilt das Rheinland hier als eine der
Hochburgen. Kultur hingegen vielleicht schon – und da mag die In-
terpretation des Immanuel Kant (1724-1804) hilfreich sein. Von ihm
nämlich stammt die früheste Formulierung des Gegensatzes von Kultur
und Zivilisation:
„Wir sind im hohen Grade durch Kunst und Wissenschaft cul-
tivirt. Wir sind civilisirt bis zum Überlästigen, zu allerlei gesellschaft-
licher Artigkeit und Anständigkeit. Aber uns für schon moralisirt zu
halten, daran fehlt noch sehr viel. Denn die Idee der Moralität gehört
noch zur Cultur; der Gebrauch dieser Idee aber, welcher nur auf das Sit-
tenähnliche in der Ehrliebe und der äußeren Anständigkeit hinausläuft,
macht blos die Civilisirung aus.“
Doch auch an der Definition des großen Philosophen darf
man heutigentags getrost zweifeln, wenn schon das Festkomitee mahnt:
„Wenn ihr eure eigenen Flaschen mitbringt, dann bitten wir euch, sie
nicht auf dem Festgelände zu hinterlassen, sondern sie mit euch nach
Hause zu nehmen“. Eine weitgehend sinnlose Aufforderung.
Na, wie auch immer! Jedenfalls beschließt der Hauptstadt-
korrespondent von ITALIEN, dem karnevalistischen Kulturführer, an
diesem Tag die Redaktionsräume nicht zu verlassen, was ob des lauschi-
gen Wetters nicht allzu schwerfällt. Bis – ja bis sich das Telefon meldet:
„Otto, wo bist Du denn? Wir sind jetzt am Südstern“, säuselt das im
letzten Herbst aus dem Hanseatischen zugeworfene Ziehkind Pia A.1
„Oh nein, Pia. 20 Jahre Kulturen-Krawall sind genug. Das immer gleiche
Getrommel brauche ich nicht mehr!“ Eine Weile herrscht somit Ruhe,
dann fiepen die Mäuse wieder. Und so immer weiter bis die Nerven ver-
sagen: „Na gut, Kätzchen, mein Mäuschen, aber nicht vorn am Südstern
sondern auf ein Bier im Glasbierfachgeschäft. Da könnte es jetzt wie-
der etwas ruhiger sein“. Ein Irrtum und auch von Pia und den Ihren ist
nichts zu sehen. Bis sie dem Chronisten plötzlich um den Hals fliegt:
„Otto, mein Otto, da bist Du ja endlich!“, trumpft die gewiefte Char-
meurin auf. Kaum hat Mann sie wieder auf die Füße gestellt, springt ihn
Thao N. von hinten an: „Otto, mein Otto, da bist Du ja endlich“! Teresa
hat sich nicht mit rein getraut weil sie noch eine Flasche Bier in der
Hand hat, lautet die nächste Ansage. Die gelbe Eifersucht in den Augen
der lüsternen Tresenhänger beginnt sich im Raum auszubreiten. Nun ja,
immerhin isses gut für´s Image. Gleichwohl flugs noch zwei Pils bestellt
und raus zur dritten Maus.
Kaum sind diese verschluckt, kommt bei dem jungen Damen-
Trio erneute Unruhe auf. Wagen 69 ist auf Höhe der gleich-um-die-Ecke
Bio-Company, meldet Thaos Smartphone. Also nix wie hin, schließlich
ist das der Wagen der „Essentiaxperience“ (!) was immer das sein mag?
Nach einem weiteren schnellen Hellen kehrt dann für den
Rest des Tages wieder Ruhe in die Redaktion ein.
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Wir sind doch nicht bescheuer t !
rattelschneck