Previous Page  7 / 16 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 7 / 16 Next Page
Page Background

I

TAL

IEN 7

B a c k o n t r a c k

v o n J a s m i n a K a .

Ich bin zurück im Dating-Game. Ich spiele mich ja gerne als Mas-

ter of the Universe auf, beim Thema Stelldichein bin ich jedoch ein Loser!

Dies obliegt vielleicht der Tatsache, dass ich in meiner Teenager-Zeit, bis hin

zur Jungmutter, ein Paradebeispiel von Nerd darstellte. Von orthopädischen

Schuheinlagen und Akne, bis hin zur Aussenbügelzahnspange und Brille,

fristete ich ein Mauerblümchendasein! Fälschlicherweise ging ich davon aus,

dass ich jetzt, im fortgeschrittenen Alter, Herrin der Lage sein würde. Pah,

fail! Ich gebe mich den Verlockungen der Online-Dating-Ratgeber hin und

sehe mir vorbereitend Schminktutorials an, nur um anschließend verzweifelt

zu versuchen, die Paste von meinem Gesicht zu kratzen. Meinen Freundin-

nen sende ich dann so viel Outfit und Make-Up Selfies, dass mein ganzes

Datenvolumen an einem Tag ausgeschöpft ist. Diese Orientierungshilfe

birgt dann schon einmal die Gefahr, sich der geschmacklichen Diskrepanz

zwischen verlebter Porno-Darstellerin und Kopie einer frigiden Fräulein

Rottenmeier hingeben zu wollen. Letztlich lande ich dann, wie damals mit

sweet sixteen, in einem Outfit, bestehend aus Jeans, Top und Turnschuhen,

nur um dann der Wahrheit in ihr grausames Gesicht gucken zu müssen: Ich

bin nicht sweet und nicht sixteen! Umso ärgerlicher ist es im Nachhinein,

dass ich zu jener Zeit meine kleinen straffen Brüstchen und meinen afrikani-

schen Prachthintern nicht in etwas Hautenges gepresst habe, sondern in Bag-

gy-Pants und Kapuzenpullover durch die Nachtwelt gezogen bin. Ignoriere

die Zahnspange und Brille und beachte das Wesentliche hätte mein Motto

sein sollen! Fast aus Trotz zwänge ich nun meine Hängebrüste (und wehe

einer möchte mich jetzt mit Parolen aufbauen, wie wundervoll es doch ist,

dass ich vier Kinder gestillt habe) und meinen miserablen Birnen-Po in die

hautenge Variante von Top, Jeans und Kapuzenpulli. Meine Freundinnen

äußern dann mit Begeisterung wie vor knapp achtzehn Jahren ihren Unmut

über meine Stilsicherheit - schön nostalgisch irgendwie. Dieses Hochgefühl

kann dann nur noch von meinem dreijährigen Sohn überboten werden, der

mir ganz dringend und vor Liebe triefend mitteilen muss, dass ich fast so

schön aussehe wie seine Uroma! Was für ein liebenswertes Wesen! Mit derart

gestärktem Selbstbewusstsein und einer dicken Schicht Make-Up schwinge

ich dann meine alten Hüften in Richtung Dating-Spot. Selbstverständlich

komme ich verspätet, auch an der afrikanischen Pünktlichkeit hat sich also

in all den Jahren nichts geändert, und der Holde ist zu Recht schon jetzt

schwer beeindruckt von meiner Person! Allein die Auswahl des Richtigen

überfordert mich regelrecht! Kann es sein, dass der Bart neuerdings das

Make-Up Tool des jungen Mannes ist?! Es ist ja durchaus schwierig, eine gut

geschminkte 16 -Jährige von einer schlecht geschminkten 30erin zu unter-

scheiden, dies gilt dann aber fortan auch für die Bartträger! Nun kann ich be-

haupten, ein meinen Vorstellungen und Wünschen entsprechendes bärtiges

Exemplar Mann gefunden zu haben, welches ich kennenlernen möchte. Ich

weiß, dass ich von Beginn der Zweisamkeit an, das Gespräch und eigentlich

den ganzen armen Mann dominiere, aber weit gefehlt, denn auch jetzt als

Ü30erin bin ich wie damals der Nerd, der darauf hofft, dass das Gegenüber

nicht bemerkt, welch wandelnde Flirt-Katastrophe ich bin! Schon damals

lachten meine Freundinnen Tränen darüber, dass ich grundsätzlich durch

meine Ungeschicklichkeit den Moment des ersten Kusses zerstört habe. Falls

es überhaupt zu diesem Moment kam, denn schon das spröde Händchen

halten überforderte mich damals wie heute kolossal! Selbst dann, wenn es

einer über die ersten Dating Runden mit mir geschafft hat, -Himmel müssen

die sich Qualitäten erträumt haben, anders ist dieses Durchhaltevermögen

nicht zu erklären,- konnte ich in den intimstem Momenten alle Romantik

mit einem Satz zerstören. Beispielhaft dafür war, als ich meinem damaligen

Freund vor dem bevorstehenden Amüsement unnötigerweise darauf hinwies,

dass ich nun meine Brüste, gemeint der Super-Extrem-Gelkissen-Pushup-

Wonderbra, ausziehen würde. Der arme Junge war fortan sexuell verstört!

Und wieder verpasse ich die Momente, erzähle beim ersten Date Anekdoten

von meinem Leben mit vier Kindern und hoffe wie damals, dass er mich

einlädt, weil ich mir nicht sicher bin, ob mein,- damals hieß es Taschengeld,

heute Hartz IV,- ausreicht. Das Einzige, was sich geändert hat, ist, dass die

Zusammenkunft frühzeitig und spätestens um ein Uhr endet, weil ich müde

und alt bin und am nächsten Tag nach vier Bieren verkatert im Kreise meiner

geliebten Terror-Brut einen Artikel wie diesen hier schreiben muss.

Und an mein Date: Halte durch, es wird sich lohnen …