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12 I

TAL

IEN

WattLöpptin

NYC

vonStephenOldvoodel

Verdammt nah an der Gastronomie.

Besuchen Sie uns auch im Internet!

www.katzengold.org

Luisenstr. • 42103 Wuppertal • Tel. 0202/30 45 26

Frühstück: Mo - Fr 8 -12 Uhr • Sa 9 - 13 Uhr • So 10 - 13 Uhr

Essen: Mo - Fr 12 - 23 Uhr • Sa 13 - 23 Uhr • So 13 - 22 Uhr

täglich geöffnet: Ende offen!

W h a t C o n s t i t u t e s a P r o s t i t u t e ?

Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert, davon sind

jedenfalls zahlreiche Menschen in Manhattan mittlerweile überzeugt. Was

sie, die sie sich normalerweise nicht um Fragen der Unterwelt kümmern, zu

dieser Feststellung gebracht hat, war die jüngste Initiative von Amnesty In-

ternational, die in London vor wenigen Tagen ein Dokument veröffentlicht

hat. In dem heißt es: „Amnesty International is opposed to the criminaliza-

tion or punishment of activities related to the buying or selling of consensual

sex between adults.” Man sei also gegen die Kriminalisierung von Kauf oder

Verkauf sexueller Handlungen zwischen Erwachsenen, sofern sie einver-

nehmlich vonstatten gingen. Das ist schon bei ungenauer Betrachtung ein

weites Feld und könnte in Gegenden mit sehr hohen Haushaltseinkommen

so manchen oder manche betreffen, egal, ob man sie oder ihn als Prostituier-

ten bzw. Prostituierte bezeichnet oder – wie es Amnesty bevorzugt – als „sex

worker”. Wenn das sehr hohe Haushaltseinkommen von nur einem Mitglied

des Haushalts „verdient” wird, drängt sich gelegentlich die Vermutung auf,

andere Haushaltsmitglieder seien in erster Linie des Geldes wegen zugegen,

in zweiter Linie wegen der mit Geld leichter zu erwerbenden Annehmlichkei-

ten im Leben und erst in dritter Linie vielleicht auch wegen der Liebe. Das

hofft so mancher Freier auf der Reeperbahn ja auch insgeheim.

Zu den Annehmlichkeiten des Lebens zählen die New York Times

und die Zeit, sie zu lesen. Also beugten sich seit London einige andere Men-

schen über den Text des Amnesty Prostitution Policy Documents und lote-

ten die eigene Betroffenheit aus: „We refer”, so steht dort zu lesen, „to sex

workers as those who exchange sex acts for money or some other form of re-

muneration (i.e. food or shelter).” [i.e., das sollte man wissen, heißt so viel wie

z.B.]. Selbst wenn Mann oder Frau aktuell nicht mehr mit dem Verdiener des

Haushaltseinkommens schläft, müsste man oder frau sich doch eingestehen,

dass, wenn Sex nie eine Rolle gespielt hätte, sondern nur die Liebe, man oder

frau nicht in die Situation gekommen wäre, die Frage nach der Betroffenheit

zu stellen. Nun ist man im Trump Tower, in den vielen Luxus-Kratzern am

südlichen Central Park oder auf der Upper East Side in Betroffenheitsfragen

nicht immer schon so kompetent gewesen, wie in Fragen der Entspanntheit

oder Kosmetik. Doch entstehen Selbsthilfegruppen bekanntlich bereits aus

geringerem Anlass und die Gespräche drehen sich bei Petrossian oder Caviar

Russe seither fast selbsthilfengruppenmäßig um die Frage: Sind vielleicht

auch wir mit dem Amnesty Prostitution Policy Document gemeint, wir alle?

Sollten wir uns dann vielleicht auch dazu bekennen, zumal sich Amnesty

vehement für eine Entkriminalisierung von Sexarbeit einsetzt? Sie ahnen es

vielleicht, ohne Experten wäre eine solche komplexe Frage nicht zu beant-

worten. Experten in Sachen Betroffenheit, vor allem sexueller Betroffenheit

und Identität findet man in Manhattan traditionell eher an der Westseite,

genauer gesagt im West Village, Greenwich Village und in Chelsea. Dort

hat sich aus zarten Anfängen ein ganzer Regenbogen von Möglichkeiten

glücklicher Lebensgestaltung entwickelt, der einmal im Jahr seine Pracht auf

der Parade zum CSD zeigt, also zum Christopher Street Day. Dreh- und

Angelpunkt dieser Szene ist das Lesbian, Gay, Bisexual & Transgender Com-

munity Center, kurz auch LGBT CC genannt, und hier trauten sich dann

nach einigem Zögern eine Handvoll Abgeordnete der in der Upper East Side

frisch entstandenen Selbthilfegruppen auf einen Besuch vorbei. Nun schlägt

Menschen, denen man ihren Wohlstand schon von weitem ansieht, ja nicht

überall gleichermaßen Sympathie entgegen, doch im LGBT CC ist man aus

Prinzip sehr tolerant und hierarchiefrei, was praktisch ist, denn so kann jeder

Mitarbeiter, jede Mitarbeiterin, jede wie auch immer geartete Ausformung

geschlechtlicher Identität Fragen aus der Welt des LGBT beantworten. Ja,

so lautete die schlichte Antwort gleich am Empfangstresen vom LGBT CC,

der Lebensentwurf des reich heiratens oder des sich aushalten lassens trage

Charakterzüge von Prostitution. Es gäbe da allenfalls ein mehr oder weni-

ger und insofern stimme man mit Amnesty überein, dass hier der Ruf des

Schmuddeligen, des Kriminellen beseitigt werden müsse. So was hört man

aber auf der Upper East Side gar nicht gerne. Sich so was dann aber auch in

einem herablassend klingendem Tonfall erläutern zu lassen, schlug doch dem

Fass den Boden aus.

So ein „Sweetheart, there are things much worse than being a pro-

stitute” mag vielleicht eine zutreffende Aussage sein, doch will man oder

frau das gar nicht wissen. Entsprechend knapp war also der Besuch. Glück-

licherweise fehlte es der Delegation nicht an einer Idee für einen kleinen

Rachakt sowie den Mitteln zur Umsetzung. Beim Deli um die Ecke wurde

eine Bestellung zu einem Lunchpaket für das LGBT CC aufgegeben, zwei

Dutzend BLT-Sandwiches, kurz für Bacon Lettuce Tomato, also Butterbrote

mit Schinkenspeck, Salatblatt und Tomatenscheibe. Mit besten Grüßen von

den Prostitutes. Als BLT-Sandwiches, das wusste man natürlich auch auf

der Upper East Side, bezeichnen Gays schon mal scherzhaft die historisch

nach ihnen ihre jeweilige sexuelle Identität gefunden habenden Gruppen. Im

LGBT CC ist darum allein schon das Wort tabu, obgleich die Butterbrote als

solche recht schmackhaft sind.

Samstag,

12.9. 20 Uhr

Ilona Ludwig Band

Stefan Mühlhaus

Leon Mucke

Uwe Sandfort

Volker Nachtigall

Special guests: Gate Mouth

Peter Krugmann, Blues Harp