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I

TAL

IEN 15

M E I N J A H R A L S P O R R E E

•••Ein Jahr lang war ich ein Porree. Anfangs war es eine ganz schöne Umstel-

lung. Aber irgendwann gings. Ich bin aufs College gegangen wie jeder an-

dere, bin auf Partys gegangen, hatte Hobbys, ich denk mal wie jeder andere

auch. Ich war auch engagiert bei so einer Bürgerrechtsbewegung, die sich für

die Rechte von anderen und so einsetzt. Aber eigentlich war ich da nur we-

gen diesemMädchen…naja, sie war unglaublich hübsch und hatte was aufm

Kasten. An mir mochte sie glaube ich meinen Humor. Wir haben viel gelacht,

oft grundlos und so, oder nein, nur wir beide wussten irgendwie, wieso, und

wenn andere uns komisch angeguckt haben, dann haben wir nur noch mehr

gelacht. Ich hab so gelacht, dass meine grünen Fransen oben total geraschelt

haben. Das war übrigens noch so ne Sache. Es hat sie überhaupt nicht gestört,

dass ich ein Porree war. Also wenn ich mir überlege, als ich noch kein Por-

ree war, hätt ich nie was mit einer angefangen, die ein Porree gewesen war

oder gewesen wäre, kein Plan. Aber dann so, dank ihr, und weil ich selbst ein

Porree gewesen wäre, hab ich alles ein bisschen anders gesehen. Naja und

dann...wollte sie mich ihren Eltern vorstellen. Aber sie hatte sich nicht getraut

zu sagen, dass ich ein Porree bin. Naja und ich war an dem Abend etwas zu

früh da, ich so geklingelt, ihre Mutter macht auf, guckt total überrascht, zuckt

dann mit den Schultern, trägt mich in die Küche und schnibbelt mich echt in

die Suppe. Dann gabs einen Riesenkrach und mein Mädchen hat unheimlich

geweint. Die Mutter war wohl auch ein bisschen geschockt, meinte dann aber

halt, dass sie in die Suppe halt gerne Porree reinmache. Und dann waren sich

ihre Eltern und sie irgendwie einig, dass es einfach ein bedauerliches Missver-

ständnis war, naja, und dann meinte ihre Mutter noch, dass ich ja immer ein

Teil von ihr sei, wenn sie die Suppe mit mir drin essen würde, und der Vater

nur so, es werde ohnehin gegessen, was auf den Tisch komme...ab da weiß

ich nicht mehr, weil ich dann irgendwie verkocht bin. Unterm Strich war mein

Jahr als Porree also doch nicht so toll. Ich bin aber nicht wütend darüber, wie

es ausgegangen ist. Nur traurig. B

enjamin Weissinger